12.07.2024 06:18:24 - dpa-AFX: POLITIK: Buschmann schlägt höhere Haftentschädigungspauschale vor

BERLIN (dpa-AFX) - Die Entschädigungspauschale für zu Unrecht verbüßte Haft
soll von 75 Euro auf 100 Euro pro Tag steigen. Das sieht ein Entwurf des
Bundesjustizministeriums vor, der diese Woche zur internen Abstimmung an die
anderen Ressorts der Bundesregierung versandt wurde.

Ab einer Haftdauer von mindestens sechs Monaten sei zudem künftig ein Betrag von 200 Euro pro Tag vorgesehen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus dem
Bundesjustizministerium. Dahinter steht wohl die Überlegung, dass die
Auswirkungen des Freiheitsentzugs und die daraus folgenden psychischen
Belastungen mit zunehmender Haftdauer anwachsen können.

Mit der geplanten Reform soll außerdem klargestellt werden, dass der
Schadensersatzanspruch von Betroffenen, die einen Anspruch auf Ersatz von
Vermögensschäden haben, nicht schrumpft, weil ersparte Ausgaben für Unterkunft
und Verpflegung angerechnet werden.

Erleichterter Zugang zu anwaltlicher Beratung geplant

"Der Rechtsstaat wird von Menschen gemacht, und wo Menschen sind, können
auch Entscheidungen getroffen werden, die sich im Nachhinein als nicht
gerechtfertigt erweisen", sagt Bundesjustizminister Marco Buschmann. Das
geschehe in der Justiz sehr selten, betont der FDP-Politiker.

Neben den erhöhten Entschädigungssätzen sieht die geplante Reform seinen
Angaben zufolge auch einen erleichterten Zugang zu anwaltlicher Beratung vor.
"Hier soll es einen Anspruch auf eine kostenlose Erstberatung geben", sagt der
Minister. Das solle verhindern, dass Betroffene womöglich aus Sorge vor einer
hohen Anwaltsrechnung ihre Rechte im sogenannten Betragsverfahren nicht
wahrnehmen.

Meist Entschädigung für zu Unrecht verbüßte Untersuchungshaft

Sein Ministerium geht davon, dass jährlich bundesweit etwa 800 Menschen von
den erhöhten Entschädigungsleistungen profitieren werden. Da Fälle
unrechtmäßiger Strafhaft selten sind, betreffen die meisten Fälle Entschädigung
für letztlich zu Unrecht verbüßte Untersuchungshaft - etwa wenn das Verfahren
eingestellt wird oder die Betroffenen in der Hauptverhandlung freigesprochen
werden.

Das Gesetzesvorhaben muss nicht nur von Kabinett und Bundesrat gebilligt
werden, sondern ist auch im Bundesrat zustimmungspflichtig
- denn bezahlen müssen grundsätzlich die Länder. Diese können
lediglich in Fällen, in denen der Generalbundesanwalt das Ermittlungsverfahren
geführt hat, vom Bund eine Erstattung verlangen.

Buschmann rechnet bei diesem Vorhaben jedoch nicht mit Widerstand in der
Länderkammer. Er sagt: "Wir haben die Länder zu den Eckpunkten des Vorhabens
vorab eingebunden." Auch deshalb hoffe er auf ein zügiges
Gesetzgebungsverfahren./abc/DP/stk

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