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08.07.2024 18:53:24 - dpa-AFX: Élyséepalast: Deutschland gegen Nato-Einladung für Ukraine

WASHINGTON (dpa-AFX) - Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden
verhindern aus Sicht Frankreichs größere Fortschritte der Ukraine auf dem Weg zu
einer Nato-Mitgliedschaft. "Am Ende ist eine Entscheidung der Alliierten, die
Ukraine zu einem Beitritt zur Nato einzuladen", hieß es kurz vor dem
Gipfeltreffen der Bündnisstaaten in Washington aus dem Umfeld des französischen
Präsidenten Emmanuel Macron. Eine solche Entscheidung stoße aber auf heftigen
Widerstand Deutschlands und der Vereinigten Staaten.

Dies sei schon beim Gipfel im vergangenen Jahr in Vilnius so gewesen, wo die Ukrainer mit großem Ärger hätten feststellen müssen, dass die Tür der Nato nicht
so offen stehe wie gedacht, hieß es aus dem Élyséepalast. Das Szenario bei dem
Gipfel in Washington werde vermutlich ähnlich sein.

Die Nato-Perspektive für die Ukraine ist innerhalb der Allianz seit langem
Streitthema. Länder wie Deutschland und die USA lehnen es ab, in der derzeitigen
Situation eine formelle Einladung zum Beitritt auszusprechen. Grund ist vor
allem die Sorge, dass ein solcher Schritt zu einer weiteren Eskalation des
Ukraine-Krieges führen könnte.

Auf der anderen Seite stehen etliche andere Alliierte, die argumentieren,
dass Russland klar und deutlich gezeigt werden sollte, dass es einen
Nato-Beitritt der Ukraine nicht wird verhindern können. In dieser Logik besteht
die Hoffnung, dass eine Einladung der Ukraine in die Nato sogar zu einem
schnelleren Ende des Krieges führen könnte.

Ein Kompromiss könnte nun sein, den Beitrittsprozess der Ukraine in einer
Gipfelerklärung als nicht aufzuhalten beziehungsweise "irreversibel" zu
bezeichnen. Auch dies würde allerdings eigentlich der deutschen Grundauffassung
von Beitrittsprozessen widersprechen. Nach dieser kommt ein Beitrittskandidat
nur dann voran, wenn er Reformauflagen erfüllt - und muss mit Rückschritten
rechnen, wenn es Entwicklungen gibt, die nicht mit westlichen Werten und
Standards vereinbar sind.

Eine Grundsatzeinigung zur Aufnahme der Ukraine hatten die Nato-Staaten
eigentlich bereits im Jahr 2008 getroffen. Damals war bei einem Gipfeltreffen in
Bukarest vereinbart worden, dass die Ukraine ein Mitglied der Nato wird -
allerdings ohne jeden Zeitplan.

Zu dem dreitägigen Spitzentreffen, das an diesem Dienstag beginnt, wird auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj als Gast erwartet. Mit ihm soll am
Donnerstag eine Sitzung des sogenannten Nato-Ukraine-Rats abgehalten
werden./aha/DP/men

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