30.05.2024 05:15:02 - dpa-AFX: WDH/IG Metall übt weiter heftige Kritik an Thyssenkrupp-Vorstand

(Wiederholung vom Vorabend)

DUISBURG/ESSEN (dpa-AFX) - Nach dem beschlossenen Verkauf eines Anteils an
der Thyssenkrupp-Stahlsparte macht die IG Metall dem Management
der Muttergesellschaft weiterhin schwere Vorwürfe. "Der Konzernvorstand will
sich auf Kosten der Belegschaft und der Öffentlichkeit vom Stahlgeschäft
verabschieden und sich aus der Verantwortung stehlen", hieß es in einem Mittwoch
veröffentlichten Flugblatt der Gewerkschaft.

Der Thyssenkrupp-Aufsichtsrat hatte vergangene Woche gegen die Stimmen der
Arbeitnehmervertreter dem Anteilsverkauf an das Energieunternehmen EPCG des
tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky zugestimmt. Die Stahlsparte des
Industriekonzerns ist Deutschlands größtes Stahlunternehmen mit 27 000
Beschäftigten.

Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BGAV) zwischen AG und der
Thyssenkrupp Steel Europe stehe durch den Kretinsky-Deal vor dem Aus, so die IG
Metall. "Das heißt im Klartext: Die AG löst sich damit von der Stahlsparte.
Thyssenkrupp Steel wird verselbstständigt."

Die Gewerkschaft rechnet bei der schon seit Längerem geplanten
Verselbstständigung der Sparte mit Kosten in Höhe von vier Milliarden Euro.
"Allein die Kosten für den Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen bei
einer Restrukturierung der Thyssenkrupp Steel Europe belaufen sich auf
mindestens eine Milliarde Euro", so die IG Metall.

Hinzu kämen weitere Aufwände für eine finanzielle Ausstattung der
Stahlsparte, die sie auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb bringe. Dies koste weitere
drei Milliarden Euro. Die insgesamt vier Milliarden Euro könne nur die AG
bezahlen. "Schließlich hat sie den Karren auch in den Sand gesetzt."

Die Konzernholding betonte in einer Mitteilung vom Mittwoch, dass die
angestrebte 20-Prozent-Beteiligung von EPCG am Stahlgeschäft keine Auswirkungen
auf die Finanzlage der Stahlsparte habe. Zielsetzung bleibe, dass sich das
Stahlsegment, das seit Jahren Verluste schreibe, aus eigener operativer Kraft
finanziere und die Kapitalmarktfähigkeit weiter verbessere. "Die Neuausrichtung
von Thyssenkrupp Steel und der vom Stahlvorstand derzeit zu erarbeitende
Businessplan liefert dafür die wirtschaftliche Grundlage", hieß es. Mit dem Plan
reagiere der Stahlvorstand auf die schwache Konjunktur, vor allem aber auf
fundamentale strukturelle Veränderungen auf dem europäischen Stahlmarkt.

"Betriebsbedingte Kündigungen hat es beim Stahl noch nie gegeben. Es ist
unser erklärtes Ziel, das auch weiterhin zu vermeiden", erklärte ein
Thyssenkrupp-Sprecher. Selbstverständlich halte Thyssenkrupp sich auch an alle
bestehenden Tarifverträge. "Allerdings kann nur ein erfolgreiches und
profitables Unternehmen langfristig sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze
bieten."

Laut Thyssenkrupp endet der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
(BGAV) zwischen der AG und dem Stahlsegment kraft Gesetzes automatisch, wenn ein
neuer Gesellschafter eintritt. Das geschehe mit dem Vollzug der Transaktion.
"Auch nach vollzogener Beteiligung wird das Stahlgeschäft vorerst weiter seitens
Thyssenkrupp finanziert", betonte der Sprecher. Für den Fall eines 50/50-Joint
Venture werde eine eigenständige Finanzierung mit unterstützenden Beiträgen
beider Partner angestrebt. Eine solche eigenständige Finanzierung würde auf
Basis des neuen Businessplans von den Gesellschaftern festgelegt.

Die IG Metall wirft dem Management der AG in Bezug auf die Stahlsparte unter anderem Konzeptlosigkeit vor. "Für mich sieht es danach aus, als sei es das
Ziel, den Konzern zu zerschlagen und möglichst viel für die Anteilseigner zu
sichern", zitiert das Flugblatt den Zweiten Vorsitzende der IG Metall, Jürgen
Kerner, der auch im Aufsichtsrat der AG sitzt./tob/DP/stw
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
THYSSENKRUPP AG O.N. 750000 Frankfurt 3,989 27.06.24 21:33:42 -0,012 -0,30% 0,000 0,000 4,008 4,001

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