08.07.2024 12:15:01 - dpa-AFX: ROUNDUP 3: Ungarns Ministerpräsident Orban überraschend in China

(neu: Mehr Details in Absätzen zwei, fünf, sieben.)

PEKING (dpa-AFX) - Auf seiner als "Friedensmission" inszenierten
Staaten-Tour besucht Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban überraschend China.
Chinesische Staatsmedien berichteten am Morgen (Ortszeit) von der Ankunft des
ungarischen Regierungschefs in Peking. "Friedensmission 3.0 #Beijing", schrieb
Orban im sozialen Netzwerk X. Dort veröffentlichte er auch ein Foto, das ihn bei
der Begrüßung durch die chinesische Vize-Außenministerin Hua Chunying am
Flughafen zeigt. Zuvor war er bereits nach Moskau und Kiew gereist.

Treffen mit Xi

Chinas amtlicher Nachrichtenagentur Xinhua zufolge traf Orban in Peking
Staats- und Parteichef Xi Jinping. Ganz oben auf der Agenda war der russische
Angriffskrieg in der Ukraine. Orban schrieb auf X, China sei eine
"Schlüsselmacht", um Bedingungen für einen Frieden in dem Krieg zu erzeugen. Xi
lobte Orbans Bemühungen, eine Friedenslösung vorantreiben. Daneben forderte er
von den Großmächten in der internationalen Gemeinschaft, positive Energie
einzubringen, um in dem Konflikt so schnell wie möglich zu einer Feuerpause zu
kommen.

Mit dabei ist auch der ungarische Außenminister Peter Szijjarto, wie dieser
auf Facebook mitteilte. Ursprünglich hätte Szijjarto sich mit Außenministerin
Annalena Baerbock (Grüne) in Budapest treffen sollen. Der Besuch war jedoch
kurzfristig abgesagt worden. Das ungarische Außenministerium begründete dies mit
einer "unvorhergesehenen Änderung im Terminkalender" Szijjartos.

Vom Auswärtigen Amt hieß es dazu am Wochenende: "Ein ernstes und ehrliches
persönliches Gespräch zwischen beiden Außenministern wäre in Anbetracht der
überraschenden und nicht abgestimmten Moskau-Reise von Ministerpräsident Orban
durchaus wichtig gewesen". Die Reise soll nachgeholt worden. Ungarn hatte am 1.
Juli den Ratsvorsitz in der EU übernommen.

Die Rolle Chinas

China ist der wichtigste Verbündete Russlands. Die Volksrepublik unterhält
engen wirtschaftlichen und politischen Austausch mit Moskau. Peking wird deshalb
viel Einflussmöglichkeit im Hinblick auf das russische Vorgehen in der Ukraine
zugerechnet. Nach Außen stellt sich das Land gerne als neutral dar. Allerdings
werfen westliche Staaten China immer wieder vor, mit dem Export wichtiger
Technologie und Ausrüstung, Moskaus Verteidigungsindustrie und damit dem Krieg
zu unterstützen.

Bei der zurückliegenden Friedenskonferenz zum Ukraine-Krieg in der Schweiz
hatte Peking abgesagt. Die nötigen Voraussetzungen für eine Teilnahme Chinas
hätten nicht vorgelegen, hieß es. Als Hauptgrund für die Absage wurde vermutet,
dass Russland nicht mit dabei war.

Xi betonte beim Gespräch mit Orban, China habe auf eigenem Wege für
Friedensgespräche geworben und unterstütze alle Anstrengungen zur friedlichen
Lösung in dem Konflikt. Peking schlug im Mai einen Plan zusammen mit Brasilien
vor, der unter anderem eine von der Ukraine und Russland anerkannte
Friedenskonferenz und die Diskussion aller Pläne vorsah. Dies würde jedoch auch
die Vorschläge Moskaus einschließen, die für Kiew eine Kapitulation bedeuten
würden.

Besuch in Moskau - Nächster Halt Washington

Am Freitag war Orban bei seinem umstrittenen Besuch in Moskau vom russischen Präsidenten Wladimir Putin empfangen worden. Orban hatte auch das Treffen mit
Putin, dessen Land seit mehr als zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen die
Ukraine führt, als "Friedensmission" inszeniert. Viele EU-Spitzenpolitiker
kritisierten die Reise. EU-Kommissionspräsident Ursula von der Leyen machte
deutlich, dass sie den Alleingang Orbans als Gefahr für die Glaubwürdigkeit der
EU ansieht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellte klar, dass Orban als
Ministerpräsident Ungarns zu Putin reiste und nicht als außenpolitischer
Vertreter der EU.

Nach Peking steuert Orban nun Washington an, wie er mitteilte. In der
Hauptstadt der USA beginnt am Dienstag der Gipfel der Nato, zu der auch Ungarn
gehört. Spekuliert wurde, ob Orban dort auch Präsidentschaftskandidat Donald
Trump treffen könnte. Orbans Kanzleramtsminister Gergely Gulyas sagte auf eine
Frage dazu lediglich, es lohne sich, jene zu treffen, die die Sache des Friedens
repräsentierten und diese voranbrächten. Orban hatte Trump im März in dessen
Residenz Mar-a-Lago in Florida besucht und ihn dort als "Präsident des Friedens"
bezeichnet.

Gute Beziehungen zwischen China und Ungarn

Xi war im Mai auf einer Europa-Reise auch in Ungarn. Budapest und Peking
haben schon länger gute Beziehungen. Orban war im Oktober einer von wenigen
europäischen Vertretern und einziger EU-Regierungschef, der bei Chinas Forum zur
"Neuen Seidenstraße" teilgenommen hatte. Ungarn ist außerdem Teil jenes
chinesischen Investitionsprojekts, mit dem die Volksrepublik weltweit
Infrastruktur-Projekte umsetzt und damit auch ihren Einfluss ausbaut./jon/DP/men

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