12.07.2024 11:25:24 - dpa-AFX: Wissing: Bahn hat sich bei der EM übernommen

BERLIN (dpa-AFX) - Die Deutsche Bahn hat sich bei der
Fußball-Europameisterschaft aus Sicht von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP)
zu viel zugemutet. "Was den Fans teilweise widerfahren ist, entspricht nicht dem
Anspruch Deutschlands und nicht dem Anspruch, den ich an unsere
Verkehrsinfrastruktur habe", sagte er der "Welt am Sonntag". "Mit der
Ankündigung, während der EM täglich 10.000 zusätzliche Sitzplätze im Zugverkehr
zur Verfügung zu stellen, hat sich die DB übernommen." Sicher sei die Absicht
dahinter gut gewesen. Das Netz könne im derzeitigen Zustand diese zusätzlichen
Kapazitäten allerdings nicht bewältigen.

Bahn-Vorstand spricht von Pech

Der häufige Starkregen in den ersten Turnierwochen habe die Situation noch
verschärft. "Für solche Extremwetterlagen ist das Netz nicht ausgelegt, weil die
Entwässerungssysteme diese Wassermassen nicht aufnehmen können", sagte Wissing.

Bahn-Infrastrukturvorstand Berthold Huber verteidigte den eigenen Konzern.
"Wir haben wirklich alles getan, was man tun konnte. Wir haben alle Baustellen,
die nicht nötig gewesen sind, verschoben, abgesagt, um die Infrastruktur
zumindest so wenig beeinträchtigt zu haben, wie es geht", sagte er. Manchmal
käme zum Pech aber noch Unglück. "Wir hatten dann ja das Hochwasser, was uns vor
allem zwischen Würzburg und Nürnberg einen Damm mehr oder weniger weggespült
hat." Das ändere allerdings nichts daran, dass die Bahn strukturelle Gründe wie
die Erneuerung der Infrastruktur angehen müsse.

Verbesserungen sollen kommen

Der Minister kündigte Besserung an. An diesem Montag beginnt die Sanierung
der sogenannten Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim, einer von 41 stark
frequentierten Korridoren, die in den kommenden Jahren rundum erneuert werden
sollen. Dafür werden die Strecken für die Bauarbeiten über Monate vollständig
gesperrt. Auf die Fahrgäste kommt also zunächst weitere Belastung zu. Doch
sobald die Riedbahn fertig sei, würden Fahrgäste Verbesserungen im gesamten
Schienenverkehr spüren, betont Wissing.

Die Bauindustrie äußerte indes Zweifel, ob alle Strecken bis 2031 wirklich
modernisiert werden können. "Die Unternehmen können bis heute noch keine
realistische Kapazitätsplanung machen, da Politik und DB sich nicht einig sind",
sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie,
Tim-Oliver Müller, der "Welt am Sonntag". "Ich bin mir deshalb mittlerweile sehr
sicher, dass bis 2031 nicht alle derzeit geplanten 41 Korridorsanierungen
abgeschlossen sein werden." Es sei sinnvoll, das gesamte Vorhaben zeitlich zu
dehnen./maa/DP/mis

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH