27.06.2024 06:00:11 - dpa-AFX: ROUNDUP: Israel und USA legen Streit um Munitionshilfe bei - Nacht im Überblick

WASHINGTON/TEL AVIV (dpa-AFX) - Israel und sein Verbündeter USA haben die
Wogen im Streit um Munitionsnachschub für den jüdischen Staat geglättet.
"Hindernisse wurden beseitigt und Engpässe behoben", sagte der israelische
Verteidigungsminister Joav Galant am Mittwoch zum Abschluss viertägiger
Gespräche in Washington. Man habe "bedeutende Fortschritte" erzielt. Laut
israelischen Medien kritisierte er seinen Regierungschef Benjamin Netanjahu
dafür, seinen Unmut in der Sache öffentlich kundgetan zu haben, statt sie intern
mit den USA zu regeln. "In jeder Familie - und wir betrachten das amerikanische
Volk als unsere Familie - können Unstimmigkeiten aufkommen", erklärte Galant.
"Doch wie in jeder Familie diskutieren wir unsere Unstimmigkeiten in unseren
eigenen vier Wänden und bleiben vereint", sagte er.

Netanjahu hatte kürzlich mit einem Video, in dem er die US-Regierung wegen
einer zurückgehaltenen Waffenlieferung mit harschen Worten angegriffen hatte,
für eine erneute Krise in den Beziehungen zur US-Regierung von Präsident Joe
Biden gesorgt. Am vergangenen Sonntag hatte er seine Vorwürfe bei der
wöchentlichen Kabinettssitzung noch einmal bekräftigt: Vor etwa vier Monaten
habe es "einen dramatischen Rückgang der Waffenlieferungen aus den USA nach
Israel" gegeben, beklagte Netanjahu. Nachdem die Lage sich monatelang nicht
verändert habe, sei er damit an die Öffentlichkeit gegangen.

Israel geht seit dem Massaker am 7. Oktober 2023 mit mehr als 1200 Toten
militärisch hart gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen vor. Zugleich
steht es an seiner Nordgrenze mit der schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon im
Konflikt, die seit Beginn des Gaza-Kriegs Israel mit Raketen, Granaten und
Drohnen angreift. Die USA hatten zuletzt die Lieferung schwerer Bomben für
Israel zurückgehalten, um dessen Militär dazu zu bringen, bei der Offensive in
der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens die Zivilbevölkerung zu schonen.

Bericht: US-Beamter räumt Engpässe ein

Ansonsten sei das Tempo bei der Lieferung von US-Waffen und Munition an
Israel "normal", zitierte das "Wall Street Journal" am Mittwoch einen Beamten
des US-Außenministeriums. Nur wenn man es mit den ersten Monaten des Gaza-Kriegs
vergleiche, als die USA die Munitionslieferungen für den Verbündeten massiv
angekurbelt hatten, könne man von einer Verlangsamung sprechen, hieß es.

Nach den Treffen des israelischen Verteidigungsministers Galant unter
anderem mit seinem US-Kollegen Lloyd Austin und US-Sicherheitsberater Jake
Sullivan räumte ein ranghoher Beamter im US-Außenministerium gegenüber der
"Times of Israel" allerdings ein, dass es einige Engpässe bei den
Waffenlieferungen an Israel gegeben habe, die aber nicht beabsichtigt gewesen
seien und nun behoben würden. Abgesehen von der Frage der weiter
zurückgehaltenen Lieferung schwerer Bomben gebe es "einige Dinge, die wir
vielleicht etwas schneller abwickeln oder neu priorisieren können", hieß es
weiter.

Gantz: Netanjahu schadet den Beziehungen zum US-Verbündeten

Israels Regierungschef habe mit seinen kürzlichen harschen Vorwürfen an
Washington "einerseits etwas Richtiges gesagt, andererseits aber eine
dramatische Interpretation gegeben, die jeder Grundlage entbehrt", zitierte das
"Wall Street Journal" Giora Eiland, einen ehemaligen nationalen
Sicherheitsberater Israels. "Die unnötigen Zwistigkeiten, die der
Ministerpräsident aus politischen Gründen kreiert, mögen ihm ein paar Punkte bei
seiner Anhängerschaft einbringen, schaden aber der strategischen Beziehung mit
den USA, die einen integralen Bestandteil unserer Fähigkeit darstellt, den Krieg
zu gewinnen", sagte Benny Gantz, bis vor Kurzem Minister in Netanjahus
Kriegskabinett. "In den letzten Monaten lösten wir viele Probleme mit unseren
Freunden hinter geschlossenen Türen, darunter das Thema Munition", sagte er am
Mittwoch in einer Erklärung und pflichtete damit Galant bei.

Netanjahu hatte kürzlich ein baldiges Ende der intensiven Kampfphase im
Gaza-Krieg angekündigt, was Israel die Möglichkeit verschaffe, einen Teil der
Truppen nach Norden zu verlegen. Dort, im Grenzgebiet zum Libanon, hat die
Intensität der Gefechte mit der Hisbollah zuletzt deutlich zugenommen. Es
besteht die Sorge, dass die Lage eskaliert und es zu einem regelrechten Krieg
kommt.

Das israelische Militär halte laut amtierenden und ehemaligen israelischen
Beamten Waffenvorräte für den Fall eines möglichen Krieges mit dem Libanon in
Reserve, schrieb das "Wall Street Journal". Die Irritation über die
Verlangsamung der US-Waffenlieferungen sei daher ein Faktor für mögliche
künftige Einsätze im Libanon geworden.

Auswärtiges Amt ruft Deutsche zur Ausreise aus dem Libanon auf

Das Auswärtige Amt in Berlin hat wegen der Lage im Libanon erneut alle
Deutschen in dem Land zur Ausreise aufgefordert. Die Lage an der Grenze zwischen
Israel und dem Libanon sei sehr angespannt, teilte das Außenministerium am
Mittwoch auf der Plattform X mit. Eine weitere Eskalation könne auch dazu
führen, dass der Flugverkehr ab dem Rafic-Hariri-Flughafen in Beirut komplett
eingestellt wird, hieß es in den neuen Reise- und Sicherheitshinweisen. "Die
Ausreise aus Libanon auf dem Luftweg wäre dann nicht mehr möglich."

Das Auswärtige Amt hatte bereits einige Tage nach dem Überfall der
islamistischen Hamas auf Israel und dem Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober
vergangenen Jahres deutsche Staatsbürger und ihre Angehörigen aufgerufen, das
Land zu verlassen./ln/DP/zb

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