08.07.2024 15:12:59 - dpa-AFX: ROUNDUP: Scholz erleichtert über Wahlausgang in Frankreich

BERLIN/NÜRNBERG (dpa-AFX) - Der ausgebliebene Durchmarsch der politischen
Rechten bei der Parlamentswahl in Frankreich lässt auch das politische Berlin
aufatmen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) ist nach eigenen Worten gemeinsam mit der
gesamten Bundesregierung "erleichtert" über den Wahlausgang. Es wäre eine große
Herausforderung gewesen, wenn sich Präsident Emmanuel Macron auf eine
Zusammenarbeit mit einer rechtspopulistischen Partei hätte einlassen müssen,
sagte Scholz am Rande eines Besuchs beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
(Bamf) in Nürnberg. "Das ist jetzt abgewandt."

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert reagierte euphorischer: "Vielen ist ein
Stein vom Herzen gefallen - mir auch", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin".

In der entscheidenden Wahlrunde zur Nationalversammlung am Sonntag landete
überraschend das Linksbündnis auf Platz eins und nicht das als Favorit
angesehene Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen. Dieses kam nur auf
Platz drei - noch hinter dem Mitte-Lager von Macron.

Scholz hofft auf stabile Regierung in Paris

Scholz äußerte die Hoffnung, dass es Macron und den Abgeordneten gelinge,
eine stabile Regierung zu bilden. "Ich jedenfalls freue mich auch im Hinblick
auf die so wichtige deutsch-französische Freundschaft, ganz persönlich darf ich
sagen, ich freue mich auch im Hinblick auf das gute persönliche Verhältnis, das
ich mit dem französischen Präsidenten habe."

Der Kanzler wies auch auf die Bedeutung des Wahlausgangs für die EU hin. Es
gehe um das Miteinander unter den 27 Ländern, aber auch um die Weiterentwicklung
und die Aufnahme neuer Länder. "Das geht nur zusammen mit Frankreich", sagte
Scholz. "Und deswegen ist das Ergebnis die Grundlage dafür, dass wir dieser
Aufgabe auch künftig nachgehen können."

Habeck sieht Wahlergebnis als enorme Herausforderung

Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) begrüßte den Wahlausgang. Ein
Durchmarsch der Rechten habe nicht stattgefunden, sagte der Wirtschaftsminister.
Das Ergebnis stelle eine enorme Herausforderung dar - vor allem für Frankreich
selbst, aber auch für Europa, das sich gerade in der Phase der Neuaufstellung
nach der Europawahl befinde, und für das deutsch-französische Verhältnis. Er
hoffe, dass Frankreich in dieser schwierigen Zeit schnell wieder zu einer
Aufstellung finde, die man in Europa brauche. Ohne Frankreich gehe es nicht.

Warnung vor weiter bestehenden Risiken

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Michael Roth,
sieht in dem Wahlergebnis keinen Grund zur Entwarnung. "Der Durchmarsch der
Rechts-Nationalisten und Rechtsextremisten ist gestoppt worden. Das ist ein
großes Verdienst der Französinnen und Franzosen", sagte der SPD-Politiker dem
"Tagesspiegel".

"Aber es ist noch viel zu früh, um Entwarnung zu geben, denn die
nationalistischen Populisten von rechts und links sind so stark wie nie. Die
Mitte ist so schwach wie nie. Damit ist Emmanuel Macron krachend gescheitert."
Er habe "die politische Mitte geschreddert." Auch der stellvertretende
FDP-Fraktionschef Michael Link warnte, in Frankreich sei die Gefahr der Extreme
von Rechts und Links alles andere als gebannt.

Deutsche Linke sieht Hoffnungszeichen auch für sich selbst

Die Linke in Frankreich habe glücklicherweise die Wahl gewonnen und damit
das Land vor der "Machtergreifung der extremen Rechten" bewahrt, sagte der
Linke-Vorsitzende Martin Schirdewan. "Das sollte uns allen Mut geben. Frankreich
ist hier ein Hoffnungszeichen für Europa, aber auch für die deutsche
Linke."/sk/DP/men

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