02.07.2024 12:25:29 - dpa-AFX: EM 2024/Deschamps' Freude über glanzlose Franzosen: 'Nicht kleinreden'

DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Didier Deschamps war bestens gelaunt. Lächelnd saß
der Trainer der französischen Nationalmannschaft auf dem Podium in den
Katakomben der Düsseldorfer EM-Arena und freute sich des Lebens. Der nächste
biedere Auftritt seiner Fußball-Minimalisten schien den 55-Jährigen nicht zu
stören. Was zählte, war einzig der Erfolg. Seine Startruppe um Ausnahmestürmer
Kylian Mbappé hätte gegen Belgien knapp verlieren können. Dann hätte Deschamps
jetzt wohl um seinen Job bangen müssen. Seine Mannschaft siegte aber durch ein
Eigentor. Für Deschamps gab es also keinen Grund zur Kritik.

"Ich bin sehr stolz darauf, was wir gemacht haben", sagte er und sprach
sogar von einem tollen Spiel. "Wir haben uns für das Viertelfinale qualifiziert
und das ist genau das, was wir wollten." Deschamps forderte: "Wir müssen das
genießen. Wir dürfen es nicht kleinreden."

Griezmann: "Auf einem guten Weg"

Seit 2012 ist der Baske französischer Nationalcoach. Bei den vergangenen
vier großen Turnieren erreichte er mit seinem Team dreimal das Finale, wurde
2018 Weltmeister. Die Ergebnisse geben Deschamps also recht. Trotzdem bleibt die
Équipe Tricolore ein Rätsel. Die Offensive um Superstar Kylian Mbappé, Marcus
Thuram, Randal Kolo Muani oder Ousmane Dembélé ist herausragend besetzt.
Trotzdem spielt Frankreich uninspiriert, man könnte auch sagen: langweilig.
Christoph Kramer, deutscher Weltmeister von 2014, fasste den Auftritt beim 1:0
gegen Belgien so zusammen: "Wenig Idee, wenig Bewegung, wenig Tiefe."

In vier Partien bei dieser EM hat Frankreich noch kein einziges Tor selbst
aus dem Spiel heraus erzielt. Mbappé traf per Elfmeter. Ansonsten profitierten
die Franzosen von zwei Eigentoren.

Gegen Belgien wirkten die französischen Angreifer am Montag über weite
Strecken des Spiels erstaunlich teilnahmslos. Weil Kolo Muani den Ball aber
nicht richtig traf und Belgiens Jan Vertonghen das Spielgerät unhaltbar ins
eigene Tor abfälschte, konnte Sturm-Routinier Antoine Griezmann nach der Partie
sagen: "Unser Ziel ist das Finale. Dafür sind wir auf einem guten Weg."
Mittelfeldmann Aurélien Tchouaméni stellte fest: "Wir wollen gewinnen, darum
geht es doch. Dafür ist es egal, ob man drei oder 15 Tore schießt."

Auch der nächste Gegner im Achtelfinale glanzlos

Statt Offensivspektakel zeigen Les Bleus bei der EM allenfalls
Verteidigungskunst, kassierten bislang erst ein Gegentor. Zum Spieler der
Belgien-Partie wurde nicht Maskenmann Mbappé oder Joker Kolo Muani, sondern
Rechtsverteidiger Jules Koundé gewählt. Der 25-Jährige macht sich trotz der
schwachen Angriffsleistung keine Sorgen. "Ich habe sehr viel Vertrauen in die
Mannschaft. Wir werden Tore schießen", sagte er.

Im Viertelfinale wartet nun Portugal und damit ausgerechnet die Mannschaft,
die Frankreich bei der EM 2016 im Finale besiegte und den Traum vom Heim-Titel
in Paris zerstörte. Portugal zeigte damals, wie man mit Minimalismus
Europameister werden kann. Von den sieben Turnierspielen bis zum Titel gewann
das Team um Weltstar Cristiano Ronaldo nur eins in der regulären Spielzeit.
Wirklich überzeugend waren die portugiesischen Auftritte selten.

Wie Frankreich glänzten auch die Iberer im Achtelfinale am Montag nicht.
Gegen Slowenien setzte sich die Seleçao erst im Elfmeterschießen durch.
Angesichts der bisher gezeigten Leistungen ist das anstehende Kräftemessen am
Freitag in Hamburg für Frankreichs dann gesperrten Mittelfeldspieler Adrien
Rabiot auch kein Duell zweiter Titelaspiranten: "Die Favoriten sind für mich
Spanien, Deutschland und die Schweiz", sagte er.

Auch in der Runde der besten acht Teams wird Kapitän Mbappé nach Aussage
seines Trainers wegen seines Nasenbeinbruchs mit seiner ungeliebten Schutzmaske
auflaufen. "Er wird sich daran gewöhnen müssen, weil er die Gesichtsmaske noch
ein paar Wochen wird tragen müssen", sagte Deschamps. Dass ihn die
Spezialanfertigung stört, hat Mbappé bereits mit deutlichen Worten klargemacht.
Inwiefern sie eine Erklärung für seine bei diesem Turnier bisher durchwachsenen
Auftritte ist, weiß der 25-Jährige aber wohl nur selbst./the/DP/jha

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