07.07.2024 14:50:16 - dpa-AFX: Letzter Wahlkreis in Großbritannien ausgezählt

LONDON (dpa-AFX) - Mit der Auszählung eines Wahlkreises in Schottland steht
das Ergebnis der britischen Parlamentswahl endgültig fest. Das Mandat für
Inverness, Skye and West Ross-shire geht an Angus MacDonald von den
Liberaldemokraten, die damit nun 72 Abgeordnete stellen, so viele wie noch nie.
Die Stimmen mussten wegen statistischer Unklarheiten zweimal nachgezählt werden.
Das Ergebnis bedeutet eine weitere Enttäuschung für die Schottische
Nationalpartei (SNP). Sie schickt nur noch 9 Abgeordnete ins Unterhaus (House of
Commons) in London. Zuvor waren es 48.

Das SNP-Resultat ist auch ein herber Rückschlag für die Befürworter einer
Unabhängigkeit von Großbritannien. Der schottische Regierungschef John Swinney
hatte darauf gesetzt, die Loslösung voranzutreiben, wenn seine Partei in
Schottland die meisten Mandate holt. Die Strategie ging nach hinten los: Die SNP
verlor zahlreiche Wahlkreise, vor allem an die sozialdemokratische
Labour-Partei, deren Chef Keir Starmer neuer Premierminister ist.

Labour ist mit 412 Abgeordneten im Unterhaus (House of Commons) in London
vertreten. Die Konservativen des abgewählten Premierministers Rishi Sunak kommen
auf 121 Sitze, so wenig wie nie zuvor. Die rechtspopulistische Partei Reform UK
von Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage zieht mit fünf Mitgliedern erstmals ins
Parlament ein. Die Grünen und die walisische Unabhängigkeitspartei Plaid Cymru
halten jeweils vier Mandate.

Mehr als die Hälfte der insgesamt 650 Abgeordneten sitzt zum ersten Mal im
Unterhaus. Mit 40 Prozent ist der Frauenanteil so hoch wie noch nie. Den
scherzhaften Titel "Baby of the House" für den jüngsten Parlamentarier trägt der
22-jährige Sam Carling von der Labour-Partei.

SNP hat viel Vertrauen verloren

Das schlechteste SNP-Ergebnis seit 2010 sei "sehr, sehr schwierig und
schädlich" für seine Partei, sagte Swinney. "Ich muss zugeben, dass es uns in
diesem Wahlkampf nicht gelungen ist, die Menschen von der Dringlichkeit der
Unabhängigkeit zu überzeugen." In Umfragen liegen Befürworter und Gegner einer
Loslösung von Großbritannien noch immer gleichauf.

Kommentatoren betonten, andere Themen seien für die Menschen in Schottland
bei dieser Abstimmung wichtiger gewesen. Zudem hat die SNP viel Vertrauen
verloren. Der Ehemann der langjährigen Regierungschefin Nicola Sturgeon, der für
die Parteifinanzen verantwortlich war, ist in eine Affäre um den Missbrauch von
Spendengeldern verwickelt. Sturgeons Nachfolger Humza Yousaf verkrachte sich mit
den Grünen, die als Kooperationspartner an der Regierung beteiligt waren, und
trat nach nur gut einem Jahr zurück./bvi/DP/he

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