09.07.2024 17:43:37 - dpa-AFX: ROUNDUP: Scholz vertraut auf Biden - Nato-Gipfel startet

WASHINGTON (dpa-AFX) - Die Debatte über den Gesundheitszustand von
US-Präsident Joe Biden hält sich hartnäckig, doch Bundeskanzler Olaf Scholz
steht beim Nato-Gipfel fest an der Seite seines Verbündeten. Vor dem
Jubiläumstreffen der Staats- und Regierungschefs in Washington wischte Scholz
Befürchtungen einer Überforderung des Gastgebers weg. "Nein, diese Sorge habe
ich nicht", sagte der Kanzler vor der Abreise.

Biden wollte mit dem scheidenden Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg den
Gipfel zum 75. Geburtstag des Bündnisses feierlich eröffnen - sein erster
Auftritt im Rampenlicht des dreitägigen Treffens.

Er wisse aus vielen Gesprächen mit Biden, dass dieser den Gipfel gut und
präzise vorbereitet habe. "Viele der Entscheidungen, die jetzt dort getroffen
werden und vorbereitet sind, sind ja im engsten Einvernehmen zwischen
Deutschland und den USA entwickelt worden", sagte Scholz. "Insofern wird das
auch ein sehr erfolgreicher Gipfel sein."

Die Nato feiert bei dem dreitägigen Treffen ihren 75. Geburtstag. Dabei
steht das auf 32 Alliierte gewachsene Bündnis vor ernsten Herausforderungen. Vor
allem braucht es Garantien für eine stetige militärische Unterstützung der
Ukraine, auch wenn Donald Trump, der republikanische Kontrahent Bidens, bei der
Präsidentenwahl im November gewinnen sollte.

Fitness des Gastgebers Biden dominiert Schlagzeilen in den USA

Der 81-jährige Biden kämpft um seine Präsidentschaftskandidatur. Er will für die Demokraten wieder ins Weiße Haus einziehen - auch nach dem verpatzten
TV-Duell gegen Trump. Selbst in der eigenen Partei stellen viele Biden infrage.

Kurz vor dem Gipfel ging der Demokrat nochmals in die Offensive und schlug
konfrontative Töne gegenüber Parteikollegen an. Biden wandte sich mit einem
deutlichen Brief an die Demokraten im Kongress und rief - in einem für ihn
ungewöhnlichen Schritt - bei einer Live-Sendung im US-Frühstücksfernsehen an.

Nach offenen Fragen zu Besuchen eines Spezialisten für die
Parkinson-Krankheit im Weißen Haus veröffentlichte sein Arzt einen Brief, um den
Präsidenten zu entlasten.

Scholz versteht Ärger um Verteidigungsausgaben nicht

Die Ampel-Regierung von Scholz hatte noch vor dem Gipfel einen Haushalt für
2025 auf die Beine gestellt. Der Posten für die Bundeswehr wächst um gut 1,2
statt der von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) angemeldeten 6,7
Milliarden Euro. Pistorius nannte das auf seinem Weg nach Washington ärgerlich.

Scholz machte nun noch einmal deutlich, dass er in dem Haushaltskompromiss
der Ampel-Spitze eine ausreichende Finanzierungsgrundlage sieht. Zugleich
richtete er den Blick über die Amtszeit der Koalition hinaus und bekräftigte die
Zusage langfristig höherer Verteidigungsausgaben.

"Die Bundeswehr kann davon ausgehen, dass Deutschland eine Nato-Quote von
zwei Prozent in den nächsten Jahren immer einhalten wird und deshalb kann sie
auch in den ganzen 20er Jahren und in den beginnenden 30er Jahren Bestellungen
wirksam werden lassen, die für die Sicherheit des Landes wichtig sind", sagte
Scholz. Der Verteidigungshaushalt soll nach seinen Vorstellungen von 2028 an -
wenn das sogenannte Sondervermögen für die Bundeswehr verbraucht ist - auf 80
Milliarden Euro steigen.

Scholz: Ukraine so lange beistehen wie erforderlich

Scholz sicherte der Ukraine langfristige Unterstützung gegen den russischen
Angriffskrieg zu. "Und es ist gut, dass wir das in den letzten Tagen noch einmal
verstärkt haben mit einer ganz klaren Botschaft: Wir werden der Ukraine so lange
beistehen, wie das erforderlich ist", sagte Scholz und verwies auf
Waffenlieferungen und die gemeinsame Initiative der wichtigsten
Industriestaaten.

Die G7-Staaten hatten sich bei ihrem Gipfel in Italien darauf verständigt,
mithilfe von Zinsen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen ein Kreditpaket
im Umfang von etwa 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) zu finanzieren.

Scholz sagte, dies sei auch eine Botschaft an den russischen Präsidenten
Wladimir Putin. Dieser könne nicht darauf setzen, "dass er diesen Krieg
gewissermaßen aussitzt und wartet, bis die Unterstützung für die Ukraine
nachlässt".

Neulinge und Querulanten beim Gipfel

Schlagzeilen machte vor dem Gipfel Nato-Mitglied Ungarn. Der ungarische
Regierungschef Viktor Orban besuchte Putin in Moskau - und wurde dafür aus der
EU scharf kritisiert. In einem Brief an seine Amtskollegen gab er nun Einblick
in dessen Sicht auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine. In dem Schreiben, das
der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt, legt er die Sichtweise Putins
auf den Krieg gegen die Ukraine dar.

Zum ersten Mal nach dem Beitritt nimmt Schweden an einem Nato-Gipfel teil.
Unter dem Eindruck des am 24. Februar 2022 begonnenen Angriffskrieges Russlands
hatten Schweden und auch Finnland ihre Neutralität aufgegeben.

Für Nato-Generalsekretär Stoltenberg wird es der letzte reguläre Gipfel vor
dem Abschied sein. Er übergibt sein Amt zum 1. Oktober nach zehn Jahren an den
früheren niederländischen Regierungschef Mark Rutte./trö/DP/men

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