05.07.2024 16:46:32 - dpa-AFX: ROUNDUP: Bundesrat schlägt Organspende-Reform vor

BERLIN (dpa-AFX) - Der Bundesrat setzt sich für eine Änderung der
Organspenderegeln ein, um mehr Transplantationen zu ermöglichen. Die
Länderkammer beschloss, einen Gesetzentwurf für die Einführung einer
Widerspruchslösung in den Bundestag einzubringen. Dort gibt es bereits einen
ähnlichen Vorstoß.

In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause segnete der Bundesrat
zahlreiche, vom Bundestag bereits beschlossene Gesetze ab, darunter die neuen
Regeln für die Post und für Cannabis-Grenzwerte am Steuer. Das Düngegesetz und
das Hochbaustatistikgesetz scheiterten jedoch vorerst.

Länder wollen Widerspruchslösung bei Transplantationen

Nach dem Gesetzentwurf der Länder sollen alle Menschen mit Meldeadresse in
Deutschland als Organspender nach dem Tod gelten - es sei denn, es liegt ein zu
Lebzeiten erklärter Widerspruch oder ein "entgegenstehender Wille" des
Verstorbenen vor. Derzeit sind Organentnahmen nur mit ausdrücklicher Zustimmung
erlaubt. Im Bundestag selbst hatte kürzlich bereits eine fraktionsübergreifende
Gruppe von Abgeordneten einen ähnlichen Gesetzentwurf vorgestellt.

Mehr Organe wie Nieren, Lebern oder Herzen für schwer kranke Patienten
werden seit Jahren dringend benötigt. Im vergangenen Jahr gaben 965 Menschen
nach ihrem Tod ein Organ oder mehrere Organe für andere frei, wie die
koordinierende Deutsche Stiftung Organtransplantation ermittelte. Zugleich
standen aber 8400 Menschen auf Wartelisten.

Cannabis-Grenzwerte für Autofahrer

Nach der Cannabis-Legalisierung stehen nun auch die Grenzwerte für
Autofahrerinnen und Autofahrer fest - ähnlich wie bei Alkohol am Steuer. Das
Gesetz gibt für den berauschenden Wirkstoff THC einen Grenzwert von 3,5
Nanogramm je Milliliter Blut vor. Für Fahranfänger und beim Konsum sowohl von
Cannabis wie auch von Alkohol kommen strengere Regeln.

Wer vorsätzlich oder fahrlässig mit 3,5 Nanogramm THC oder mehr unterwegs
ist, riskiert in der Regel 500 Euro und einen Monat Fahrverbot. Wenn dazu noch
Alkohol getrunken wurde, liegt die Strafe in der Regel bei 1000 Euro Buße. Für
Fahranfänger heißt es künftig wie bei Alkohol: In der zweijährigen
Führerschein-Probezeit und für unter 21-Jährige gilt ein absolutes Verbot.

Reform des veralteten Postgesetzes

Das Postgesetz wird erstmals seit 1997 umfassend novelliert und den neuen
Gegebenheiten angepasst. Die bestehen darin, dass die Menschen heute viel
weniger Briefe schreiben. Die Alltagskommunikation erfolgt über Mails und Chats.
Daher soll die Deutsche Post künftig deutlich weniger Zeitdruck für die
Beförderung von Briefen haben. Bislang müssen 80 Prozent der eingeworfenen
Sendungen am nächsten Werktag beim Empfänger sein, diese Vorgabe fällt weg.
Stattdessen gilt nun: Am dritten Werktag nach Einwurf müssen 95 Prozent der
Briefe angekommen sein und am vierten Werktag 99 Prozent.

Daumen runter beim Düngegesetz

Mit der Ablehnung durch den Bundesrat sind Änderungen bei den Düngeregeln
für die Landwirte zum Schutz des Grundwassers vorerst gescheitert. Das Gesetz
der Ampel-Koalition soll unter anderem eine Grundlage dafür schaffen, dass
Düngedaten von Höfen überprüft und bewertet werden können. Ein Monitoring soll
ermitteln, wie wirksam die Düngevorgaben sind. Brandenburgs Ministerpräsident
Dietmar Woidke (SPD) kritisierte einen großen bürokratischen Aufwand und machte
Zweifel an der Notwendigkeit der geplanten Datenerfassung deutlich. Will die
Bundesregierung das Gesetz noch retten, müsste sie den Vermittlungsausschuss von
Bundestag und Bundesrat anrufen.

Vermittlungsausschuss zum Hochbaustatistikgesetz

Zum Hochbaustatistikgesetz rief der Bundesrat selbst den
Vermittlungsausschuss an. Die Länder wollen erreichen, dass der Bund das Gesetz
grundlegend überarbeitet. Sie begrüßen zwar, dass ein besserer Überblick über
die Entwicklung beim Wohnungsbau gewonnen werden soll. Sie sehen sich und die
Kommunen aber organisatorisch, personell und technisch nicht in der Lage, das
Gesetz in den vorgesehenen Übergangsfristen umzusetzen. Ein Hauptkritikpunkt
auch in diesem Fall: Zusätzliche und häufigere Meldepflichten führten zu einer
erheblichen bürokratischen Mehrbelastung.

Streit um Digitalpakt Schule

Die Länder halten im Ringen um die weitere digitale Ausstattung der Schulen
den Druck auf den Bund hoch. Sie forderten die Bundesregierung in einer
Entschließung auf, die nötige Verwaltungsvereinbarung für einen Digitalpakt 2.0
unverzüglich abzuschließen. Der Bund müsse Mittel von mindestens 1,3 Milliarden
Euro jährlich für den gesamten Förderzeitraum 2025 bis 2030 sicherstellen.

"Wenn wir die gemeinsame Erfolgsstory Digitalpakt Schule tatsächlich
fortsetzen wollen, dann brauchen wir jetzt ein klares Bekenntnis des Bundes -
und zwar mindestens in der Größenordnung des ersten Digitalpakts", sagte Bremens
Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD). "Es geht um den notwendigen digitalen
Bildungskick. Der Bund darf die Umsetzung nicht länger verzögern", betonte
Hessens Kultusminister Armin Schwarz (CDU). Für den Bund spielte
Bildungsstaatssekretär Jens Brandenburg (FDP) den Ball ins Feld der Länder
zurück: "Es ist nicht der Bund, der auf der Bremse steht."

Mutterschutz auch bei Fehlgeburten

In einer Entschließung forderte der Bundesrat die Bundesregierung auf, für
Frauen mit Fehlgeburten Schutzfristen im Sinne des Mutterschutzgesetzes
einzuführen. Es soll sich um einen freiwilligen Anspruch handeln, um den
individuellen Umständen und Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden. Der
Mutterschutz bei Fehlgeburten solle deutlich vor der 20. Schwangerschaftswoche
beginnen und sich je nach Dauer der Schwangerschaft verlängern. Bislang besteht
nur ein Anrecht auf 18 Wochen Mutterschutz und Mutterschaftsgeld, wenn das
Gewicht des Kindes mindestens 500 Gramm beträgt oder die 24.
Schwangerschaftswoche erreicht wurde./sk/DP/jha

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH