03.07.2024 13:22:19 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Lufthansa darf italienische Staatsairline Ita übernehmen

(neu: Statements Lufthansa)

BRÜSSEL/FRANKFURT/ROM (dpa-AFX) - Die Lufthansa darf bei der
staatlichen italienischen Fluggesellschaft Ita einsteigen. Nach langer Prüfung
hat die EU-Kommission grünes Licht dafür gegeben. Zuvor muss das
Traditionsunternehmen aber eine Reihe von Bedingungen erfüllen. Die
Wettbewerbshüter aus Brüssel machen unter anderem zur Voraussetzung, dass die
Partner Start- und Landerechte in Mailand-Linate abgeben sowie neuen
Wettbewerbern auf der Mittel- und Langstrecke Starthilfe geben. Dazu soll es
auch Verhandlungen mit Konkurrenten geben.

In einem ersten Schritt übernimmt der MDax -Konzern bis zum
Jahresende für eine Kapitaleinlage von 325 Millionen Euro zunächst 41 Prozent
der Anteile an der ehemaligen Alitalia. Im Laufe der nächsten Jahre könnte es
dann auch zur kompletten Übernahme kommen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr kündigte
eine schnelle Integration der Ita und den Ausbau des Drehkreuzes Rom Richtung
Afrika und Lateinamerika an. Er sagte laut einer Mitteilung: "Wir werden ITA
Airways zu einem starken und erfolgreichen Teil unseres Unternehmens machen und
damit ihre Zukunft als internationale Fluglinie und starke Marke sichern."

Langes Tauziehen

Die Verhandlungen und Prüfungen um den Einstieg des umsatzstärksten
Luftverkehrskonzerns Europas bei der bisherigen italienischen Konkurrenz ziehen
sich schon seit mehr als einem Jahr hin. Die Italia Trasporto Aereo (ITA) ging
2020 aus der staatlichen Fluglinie Alitalia hervor, die immer wieder in schwere
Turbulenzen geraten war. Zurzeit hat das Unternehmen noch etwa 4500
Beschäftigte. Zum Vergleich: Der Lufthansa-Konzern zählt aktuell fast 99 000
Beschäftigte und hat in der Vergangenheit mit Swiss, Austrian und Brussels
Airways bereits drei frühere Staatsairlines integriert. Die Marken wie auch die
Drehkreuze in den Heimatländern Schweiz, Österreich und Belgien blieben
erhalten. Die Ita ist nicht offizielle Rechtsnachfolgerin der Alitalia, hat sich
aber die Rechte an dem legendären Namen gesichert, der laut Konzernkreisen bald
wiederbelebt werden könnte.

Zugang zum italienischen Markt

Die Lufthansa verschafft sich mit der Übernahme Zugang zum italienischen
Markt, der vor allem wegen der engen Beziehungen in die USA sehr lukrativ ist.
Dass mit der Ita eine weitere Airline der von Air France dominierten Allianz
"Sky Team" gebrochen wird, ist ein erwünschtes Nebenergebnis.

Ita kann allein nicht überleben

Nach Meinung vieler Experten könnte Ita allein nicht überleben. Im
Heimatmarkt wurde sie von Billigfliegern wie Ryanair und Easyjet
in die zweite Reihe gedrängt. Auf den gewinnbringenden Strecken
über den Atlantik tut sie sich schwer, gegen die Macht der sehr viel größeren
US-Anbieter anzukommen. Das ist in einem starken Verbund wie mit der Lufthansa
erheblich einfacher, wie auch die EU-Kommission anerkannt hat

Gerade an diesem Punkt hatten die EU-Wettbewerbshüter Bedenken angemeldet,
weil Lufthansa über dem Nordatlantik in einem Joint Venture auch Absprachen mit
United und Air Canada trifft. Auf dem lukrativsten Luftverkehrsmarkt der Welt
sind aber auch sämtliche anderen US-Carrier sowie die europäischen
Lufthansa-Konkurrenten IAG um British Airways und Air France-KLM
aktiv. Jetzt soll die Ita zusätzliche Zubringerflüge zu den Drehkreuzen der
Wettbewerber anbieten, um mehr Angebot zu schaffen.

Zudem hatten die EU-Beamten Bedenken, dass sich bei der Lufthansa auch auf
Kurzstrecken zwischen Italien und mitteleuropäischen Ländern zu viel Marktmacht
konzentrieren könnte. Konkurrenz gebe es zwar - in erster Linie durch
Gesellschaften wie Ryanair. Solche Billigfluggesellschaften starteten aber oft
von abgelegenen Flughäfen. Lufthansa ist auch seit Jahren mit der eigenen
Regionalgesellschaft Air Dolomiti in Norditalien aktiv.

Höhere Ticketpreise befürchtet

Die EU-Kommission befürchtete vor allem Nachteile für Verbraucher. Denn wenn es nur wenig Konkurrenz auf Strecken gibt und sich viel Marktmacht bei einem
Anbieter konzentriert, kann dieser theoretisch Preise über dem marktüblichen
Niveau verlangen. Kundinnen und Kunden können dann nicht oder nur eingeschränkt
auf günstigere Wettbewerber umsteigen. Auch deswegen gibt es in der EU strenge
Wettbewerbsregeln.

Italiens Rechts-Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mutmaßte
zwischenzeitlich, dass andere Konkurrenten die Übernahme in Brüssel ausbremsen
wollten. Aus Rom gab es auch offene Vorwürfe in Richtung Frankreich und Air
France.

Mit der Genehmigung aus Brüssel schreitet die Konzentration der europäischen Luftfahrt voran. Dazu erklärte Spohr: "Die Entscheidung ist auch ein klares
Signal für einen starken Luftverkehr in Europa, der sich im globalen Wettbewerb
erfolgreich behauptet." Auch die Lufthansa-Konkurrenten wollen kleinere
Gesellschaften übernehmen. So hat der IAG-Konzern um British Airways und Iberia
bei der EU die Übernahme der spanischen Air Europa beantragt, während Air
France-KLM bei der skandinavischen SAS einsteigen will. Auch
Portugal sucht für seine TAP nach einem Anschluss bei einem größeren Konzern.

Sparrunden bei Flotte und Personal bereits überstanden

Ähnlich wie bei der 2007 übernommenen Swiss handelt es sich bei der Ita um
ein saniertes Unternehmen, das schmerzhafte Sparrunden bei Flotte und Personal
hinter sich hat. Mit dem gemeinsamen Einkauf und besserer Planung könnte sie
schnell operativ Gewinne einfliegen, meinen die Lufthansa-Experten. Und für 2027
sah der gemeinsame Businessplan von Lufthansa und römischem Finanzministerium
aus dem Vorjahr bereits einen Umsatz von 4,1 Milliarden Euro vor (2022: 1,6
Mrd).

Risikofaktor italienische Regierung

325 Millionen Euro sollen als erste Rate für 41 Prozent der Anteile in das
Eigenkapital der Airline mit 71 tiefblau lackierten Flugzeugen fließen. Der
italienische Staat, angesichts der schnellen Regierungswechsel durchaus ein
Risikofaktor, bleibt zunächst noch an Bord. Ab 2025 kann Lufthansa unter genau
definierten Bedingungen die Option für weitere 49 Prozent ziehen und unter
Umständen für dann mehr als 800 Millionen Euro sogar alleiniger Eigentümer der
Airline werden. Für die Übernahme der restlichen 10 Prozent vom Staat muss die
geschäftliche Entwicklung bewertet werden.

Als neuer Ita-Chef ist Lufthansa-Strategiechef Jörg Eberhart im Gespräch,
der bereits knappe acht Jahre lang die in Norditalien aktive Regionaltochter Air
Dolomiti geleitet hat. Er könnte mit einem weiteren Lufthanseaten in den
fünfköpfigen Ita-Verwaltungsrat einziehen./ceb/DP/jha
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