08.07.2024 05:49:06 - dpa-AFX: Kritik an Lauterbachs 'Gesundes-Herz-Gesetz'

BERLIN (dpa-AFX) - Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses von
Ärzten, Kliniken und Krankenkassen, Josef Hecken, kritisiert die Pläne von
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Bekämpfung von
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. "Mehr Medikamente und Check-ups schon für Kinder
sind Aktionismus, aber keine Strategie, die Zivilisationserkrankung in den Griff
zu bekommen", sagte Hecken dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Lauterbachs Entwurf für ein "Gesundes-Herz-Gesetz" sieht vor, dass sich
Kinder, Jugendliche und Erwachsene künftig regelmäßig Herzuntersuchungen
unterziehen sollen, um etwa Fettstoffwechsel-Störungen zu erkennen und
vorzubeugen. Die Untersuchungen bereits im Kindes- und Jugendalter sollen
frühzeitig Hinweise darauf geben, ob erbliche Gründe für
Fettstoffwechsel-Störungen vorliegen. Auch Medikamente zur Rauchentwöhnung und
zum Senken des Cholesterinspiegels sollen öfter verschrieben werden können.

Cholesterinsenker "keine Pfefferminzbonbons"

Aus Sicht von Hecken zielen die Pläne in die falsche Richtung: "Statt sich
dafür einzusetzen, dass sich Kinder gesund und ausgewogen ernähren und es
Aufklärungskampagnen zu einer gesunden Lebensweise gibt, sollen Arzneimittel
verordnet werden", beklagt er. Die von Lauterbach präferierten Medikamente zur
Senkung des Cholesterinspiegels seien keine "Pfefferminzbonbons aus dem
Supermarkt", sondern Medikamente mit vielen Wechsel- und Nebenwirkungen. Sie
verursachten beispielsweise Muskelschmerzen, Leberschäden oder Diabetes.

Hecken sagte, bei einem solchen Vorgehen beginne die lebenslange Medikation
künftig schon im Teenageralter. "Die Herangehensweise, schon bei Kindern
dauerhaft auf die Gabe von Arzneimitteln zu setzen, muss doch die absolute
Ausnahme bleiben, wenn aus medizinischen Gründen nichts anderes geht."

Rund 350.000 Todesfälle pro Jahr

Finanziert werden sollen die Leistungen laut Gesetzentwurf von den
Krankenkassen. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste
Entscheidungsgremium für Leistungen der Krankenkassen im Gesundheitswesen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die führende Todesursache in Deutschland
und verursachen nach Angaben des Robert Koch-Instituts etwa 40 Prozent aller
Sterbefälle, rund 350.000 pro Jahr. Das Gesundheitsministerium begründet die
Notwendigkeit des Gesetzes unter anderem mit der im Vergleich zu anderen
westeuropäischen Ländern geringeren Lebenserwartung und zugleich einem Defizit
bei Prävention und Früherkennung./wn/DP/zb

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