08.07.2024 05:47:06 - dpa-AFX: Seit einem Jahr knackt jeder Monat die 1,5-Grad-Marke

BONN/LONDON (dpa-AFX) - Es ist eine unheilvolle Serie - und sie bedroht
jenes Ziel, das die Staatengemeinschaft mit dem Pariser Klimaschutzabkommen
anvisiert: Auch der Juni 2024 war der wärmste Juni seit Beginn der
Datenaufzeichnungen. Er lag 1,5 Grad über dem geschätzten Juni-Durchschnitt für
1850 bis 1900, der vorindustriellen Referenzperiode, wie der
EU-Klimawandeldienst Copernicus mitteilt. Damit war es der zwölfte Monat in
Folge, der die 1,5-Grad-Schwelle erreichte oder überschritt.

Im Pariser Klimaschutzabkommen hatten sich Deutschland und viele andere
Staaten Ende 2015 das Ziel gesetzt, die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad zu
halten, möglichst aber auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu
begrenzen. Dabei geht es allerdings um die Durchschnittstemperatur über längere
Zeiträume, nicht einzelne Monate oder Jahre.

Eine formell vereinbarte Definition, was eigentlich genau als Überschreiten
des 1,5-Grad-Ziels gewertet wird, gibt es bisher nicht. Viele Klimaexperten
gehen davon aus, dass die 1,5-Grad-Schwelle ohnehin längst nicht mehr zu halten
ist.

Im Gesamtzeitraum von Juli 2023 bis Juni 2024 lag die globale Temperatur den Copernicus-Daten zufolge 1,64 Grad über dem vorindustriellen Durchschnitt. Seit
13 Monaten ist jeder einzelne Monat der weltweit wärmste seit
Aufzeichnungsbeginn. Eine solche Rekordserie sei "zwar ungewöhnlich, aber eine
ähnliche Serie an monatlichen globalen Temperaturrekorden gab es bereits in den
Jahren 2015/2016", teilte Copernicus mit.

Die durchschnittliche Oberflächen-Lufttemperatur im Juni betrug demnach
16,66 Grad. Damit lag sie 0,67 Grad über dem Juni-Durchschnitt von 1991 bis 2020
und 0,14 Grad über dem bisherigen Höchstwert vom Juni 2023.

Europa: Vor allem im Südosten warm

Die europäische Durchschnittstemperatur im Juni 2024 überschritt den
Durchschnittswert für die Juni-Monate von 1991 bis 2020 um 1,57 Grad. Damit sei
es der zweitwärmste Juni seit Beginn der Aufzeichnungen in Europa gewesen, hieß
es. Besonders heiß war es demnach im Südosten des Kontinents und in der Türkei,
während die Temperaturen in Westeuropa, Island und Nordwestrussland nahe am oder
unter dem Durchschnitt lagen.

In Island, Mitteleuropa und großen Teilen Südwesteuropas sei der Juni
feuchter gewesen als der Durchschnitt, heißt es weiter, "wobei starke
Niederschläge zu Überschwemmungen in mehreren Regionen Deutschlands, Italiens,
Frankreichs und der Schweiz führten".

Außerhalb Europas waren die Temperaturen im östlichen Kanada, im Westen der
USA und in Mexiko, Brasilien, Nordsibirien, im Nahen Osten, Nordafrika und in
der westlichen Antarktis überdurchschnittlich hoch.

Weitere Rekorde durch Klimaerwärmung

"Dies ist mehr als nur eine statistische Kuriosität, sondern verdeutlicht
einen großen und anhaltenden Klimawandel", erklärte Copernicus-Direktor Carlo
Buontempo. "Selbst wenn diese besondere Serie von Extremen irgendwann endet,
werden wir zwangsläufig neue Rekorde erleben, wenn sich das Klima weiter
erwärmt. Dies ist unvermeidlich, wenn wir nicht aufhören, Treibhausgase in die
Atmosphäre und die Ozeane zu leiten."

Zu den Temperaturrekorden könnte unter anderem das natürliche Wetterphänomen El Niño beigetragen haben. Es sorgt alle paar Jahre für einen Anstieg der
Wassertemperaturen in Teilen des Pazifiks und höhere Lufttemperaturen.

Der Klimawandeldienst Copernicus der Europäischen Union veröffentlicht
regelmäßig Daten zur Temperatur an der Erdoberfläche, zur Meereisdecke und zu
Niederschlägen. Die Erkenntnisse beruhen auf computergenerierten Analysen, in
die Milliarden Messungen von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und
Wetterstationen auf der ganzen Welt einfließen. Die genutzten Daten gehen zurück
bis auf das Jahr 1950, teilweise sind auch frühere Daten verfügbar./jgl/DP/zb

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