24.06.2024 16:26:12 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: SPD-Abgeordnete für Entkriminalisierung von Abbrüchen

BERLIN (dpa-AFX) - Abtreibungen sollten nach Ansicht von
Bundestagsabgeordneten der SPD in Zukunft nicht mehr strafbar sein. Gleichwohl
sollte es dafür weiterhin "klare gesetzliche Voraussetzungen" geben, heißt es in
einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Positionspapier, das am Dienstag
in einer Fraktionssitzung verabschiedet werden soll.

Schwangerschaftsabbrüche sind bisher laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs
rechtswidrig. Tatsächlich bleibt ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf
Wochen aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ohne Strafe
bleibt ein Abbruch zudem, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen
einer Vergewaltigung vorgenommen wird. Über die Abschaffung des Paragrafen wird
immer wieder gestritten. Zuletzt hatte eine von der Bundesregierung eingesetzte
Kommission empfohlen, Abtreibungen in den ersten Wochen der Schwangerschaft zu
entkriminalisieren.

"Schwangerschaftsabbrüche sollen bis zu einer gesetzlich zu bestimmenden
konkreten Frist legalisiert werden", schlagen nun auch Politikerinnen und
Politiker der SPD-Fraktion vor. Wie weit diese über die zwölf Wochen hinausgehen
soll, steht nicht in ihrem Papier. Da heißt es: "Wir sprechen uns für eine Frist
aus, die an der Überlebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Uterus mit
ausreichend zeitlichem Abstand anknüpft." Sobald im Einzelfall eine
Überlebenschance außerhalb des Mutterleibs bestehe, müsse ein Abbruch
grundsätzlich verboten sein. Die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion,
Sonja Eichwede, erklärte: "Eine Bewertung des zeitlichen Abstands muss nicht zu
einer Veränderung der Frist führen."

Für einen Schwangerschaftsabbruch nach Ablauf der gesetzlichen Frist sollten aus Sicht der SPD-Abgeordneten nur Ärztinnen und Ärzte, nicht aber die
Schwangere strafrechtlich belangt werden können. Um Abbrüche ohne Zustimmung der
Schwangeren zu sanktionieren, solle ein zusätzlicher Straftatbestand geschaffen
werden.

SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag 2021 lediglich
vereinbart, eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und
Fortpflanzungsmedizin einzusetzen, die Regulierungen für den
Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuchs sowie Möglichkeiten zur
Legalisierung der Eizellspende und der uneigennützigen Leihmutterschaft prüfen
soll.

Es gehe darum, das Selbstbestimmungsrecht der Frau und den Schutz des
ungeborenen Lebens besser miteinander in Einklang zu bringen, sagt Eichwede von
der SPD. Auch die Frist, innerhalb derer ein selbstbestimmter Abbruch erlaubt
ist, müsse dem gerecht werden. Die Beratungspflicht solle durch einen
Rechtsanspruch auf Beratung ersetzt werden. Ihre Fraktion wolle nun auf die
Koalitionspartner zugehen, um in Verhandlungen über eine Gesetzesänderung
einzusteigen.

Die FDP, die mit Marco Buschmann den Justizminister stellt, hat aus den
Empfehlungen der Kommission andere Schlüsse gezogen. Den etablierten Kompromiss
wieder aufzukündigen, lehne man ab, hatte ihre rechtspolitische Sprecherin,
Katrin Helling-Plahr nach der Veröffentlichung des Kommissionsberichts betont.
Die Anzahl der Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, habe sich
in den vergangenen 20 Jahren nahezu halbiert. Hier brauche es aber vor allem
gesundheitspolitische Maßnahmen, keine rechtspolitischen./abc/DP/jha

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