08.07.2024 06:30:02 - dpa-AFX: ROUNDUP: Streit um Deutschlandticket - Neuer Preis schon ab Oktober?

DÜSSELDORF/BERLIN (dpa-AFX) - Die Verkehrsminister der Länder beschäftigen
sich heute in Düsseldorf auf einer Sonderkonferenz mit der Zukunft des
Deutschlandtickets. Weil der Bund zugesagte Gelder bisher nicht freigegeben hat,
ist die Sorge vor einer Preiserhöhung für den deutschlandweit gültigen
Fahrschein noch im laufenden Jahr groß. Als möglicher Zeitpunkt wird der 1.
Oktober genannt.

Das Deutschlandticket zu monatlich 49 Euro berechtigt bundesweit zur Fahrt
mit dem gesamten Öffentlichen Personennahverkehr. Bund und Länder
subventionieren das Angebot pro Jahr mit jeweils 1,5 Milliarden Euro. So sollen
geringere Ticketeinnahmen der Verkehrsunternehmen abgefedert werden. Der Bund
hatte zugesagt, nicht genutzte Gelder aus dem Jahr 2023 in das Jahr 2024 zu
übertragen. Bisher ist das aber nicht geschehen. Das wiederum verunsichert die
Branche. Die Verkehrsunternehmen haben Sorge, dass sie am Ende auf den Kosten
sitzenbleiben und das Deutschlandticket womöglich wegfällt.

Warnung vor Flickenteppich

"Ich sehe die große Gefahr, dass in Kürze ein unüberschaubarer
Flickenteppich mit Gebieten, in denen das Deutschlandticket fortgeführt werden
kann, und anderen, in denen aus Finanzgründen darauf verzichtet werden muss,
entsteht", schrieb kürzlich der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz,
NRW-Landesminister Oliver Krischer (Grüne), in einem Brief an
Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesverkehrsminister Volker Wissing
(beide FDP). "Um dies zu verhindern, bliebe nur die Möglichkeit, den Preis des
Deutschlandtickets sehr kurzfristig massiv zu erhöhen."

Ursprünglich hatten Bund und Länder eine Preisgarantie für 2024 ausgegeben - doch diese wackelt. "Wenn der Bund sich nicht bewegt, muss eine Preiserhöhung ab
dem 1. Oktober 2024 greifen", sagte eine Ministeriumssprecherin aus Thüringen.
"Seit über einem halben Jahr warten wir darauf, dass der Kanzler sein Wort hält
und die nicht verbrauchten Bundesmittel aus 2023 auch für 2024 bereitstellt",
sagte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Wenn die
Gesetzesänderung nicht bis zur Sommerpause komme, müsse das Deutschlandticket
"noch in diesem Jahr um mindestens 10 Euro teurer werden".

VDV: Zur Etablierung des Tickets bekennen

Bundeskanzler Olaf Scholz trat diesen Sorgen kürzlich entgegen. Der
SPD-Politiker nannte das Deutschlandticket in einer Regierungsbefragung im
Bundestag eine große Errungenschaft. Er könne versichern, dass die
Bundesregierung - so wie mit den Ministerpräsidenten besprochen - finanzielle
Rahmenbedingungen schaffen werde. Eine dazu notwendige Änderung des
Regionalisierungsgesetzes werde kommen.

Selbst wenn die Finanzierung für das laufende Jahr geregelt werden kann - ob die jeweils 1,5 Milliarden Euro von Bund und Ländern auch 2025 ausreichen
werden, ist offen. Beim Verband deutscher Verkehrsunternehmen ist daher die
Sorge groß, dass das Ticket - trotz aller Lobeshymnen der Politik - nicht
langfristig gesichert ist. "Es ist gut, dass die Verkehrsministerkonferenz am
Montag zur Klarheit beitragen kann, wenn sie sich zur dauerhaften Etablierung
des Tickets bekennt", sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann. Lindner und Wissing
seien das bisher schuldig geblieben.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace schlug vor, Geld in den öffentlichen Nahverkehr zu investieren statt in die Straße, um das Ticket zu finanzieren.
"Der sicherste Weg, um Bröckelbrücken zu sanieren und das Deutschlandticket zu
finanzieren, ist, den Bau weiterer Autobahnen zu stoppen", sagte
Greenpeace-Mobilitätsexpertin Marion Tiemann. "Dann können alle Ressourcen in
die Sanierung fließen, und es wäre immer noch genug Geld für ein langfristig
gesichertes Deutschlandticket da."

Niedersachsen: Können Preis nicht gänzlich von höheren Kosten abkoppeln

Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) dagegen geht davon aus, dass der Preis des Tickets steigen muss. "Wir wissen, dass Personalkosten oder
Energiekosten weiter steigen werden in den kommenden Jahren. Den Ticketpreis
können wir nicht gänzlich davon abkoppeln", sagte Lies. "Aber wir brauchen einen
stabilen und gesicherten Preis, wenn wir die Klimaziele erreichen wollen und ein
Mobilitätsangebot machen wollen."

Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) sagte, für die Zukunft des
Deutschlandtickets seien Verlässlichkeit und Planbarkeit für die nächsten Jahre
wichtig: "Das ist weniger eine Frage des Preises, der nebenbei bemerkt für
unterschiedliche Regionen und Verbünde passen muss, sondern des politischen
Willens."/nif/DP/zb

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH