09.07.2024 18:44:04 - dpa-AFX: ROUNDUP 3/Prämiensparverträge: BGH bestätigt Maßstab zur Zinsanpassung

(neu: Statement Bafin.)

KARLSRUHE (dpa-AFX) - Seit Jahren streiten Verbraucherschützer mit
Sparkassen und Volksbanken vor Gericht über Nachzahlungen wegen unwirksamer
Zinsklauseln bei Prämiensparverträgen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun in
einem Urteil erstmals einen Referenzzins für die Nachberechnung der Zinsen
bestätigt. Konkret ging es um zwei Entscheidungen der Oberlandesgerichte
Naumburg und Dresden, die eine Zinsberechnung auf Grundlage der Umlaufrendite
börsennotierter Bundesanleihen mit 8 bis 15 Jahren Restlaufzeit festgelegt
hatten. Der Referenzzinssatz habe der Überprüfung des BGH standgehalten, so der
Senat.

Bei Prämiensparverträgen erhalten Sparerinnen und Sparer zusätzlich zum
variablen Zins eine meist nach Vertragslaufzeit gestaffelte Prämie. Je länger
regelmäßige Sparbeiträge eingehen, umso höher fällt die Prämie aus. Solche
Sparverträge wurden in den 1990er und Anfang der 2000er Jahre vertrieben - vor
allem von Sparkassen ("Vorsorgesparen", "Vermögensplan"), aber auch von Volks-
und Raiffeisenbanken ("Bonusplan", "VRZukunft").

Geld zurück - aber wie viel?

Viele dieser Verträge enthalten dabei Klauseln, die Geldhäusern einseitig
das Recht einräumen, die zugesicherte Verzinsung nach Belieben zu ändern. Die
Bank konnte den Zins so zum eigenen Vorteil anpassen, also verringern. Der BGH
erklärte das bereits vor 20 Jahren für rechtswidrig. Wie die Zinsen für diese
Produkte stattdessen zu berechnen sind, war bisher aber nicht höchstrichterlich
geklärt.

Das wollten die Verbraucherzentralen ändern. Da der von den
Oberlandesgerichten festgelegte Referenzzinssatz ihnen nicht ausreichte, legten
sie gegen die entsprechenden Entscheidungen Revision ein. Sie wollten vom BGH
stattdessen feststellen lassen, dass die Zinsen auf Basis der letzten zehn Jahre
von Umlaufrenditen inländischer Hypothekenpfandbriefe mit einer garantierten
Restlaufzeit von 10 Jahren berechnet werden. Sie forderten zudem gleitende
Durchschnittswerte. Der BGH lehnte dies wie schon die Vorinstanzen am Dienstag
ab.

Der Elfte Zivilsenat in Karlsruhe fand keinen Grund, den von den
Oberlandesgerichten herangezogenen Referenzzinssatz zu beanstanden. Die
Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere mit 8 bis 15 Jahren Restlaufzeit
als Grundlage entspreche den Anforderungen an Referenzzinssätze, erklärte der
Vorsitzende Richter, Jürgen Ellenberger. Der Zinssatz begünstige weder Sparer
noch die beklagten Sparkassen. Er spiegele zudem die jeweils aktuellen Zinsen am
risikolosen Kapitalmarkt wider.

Verbraucherschützer appellieren an Sparkassen

Trotz der zurückgewiesenen Revision zeigten sich die Verbraucherverbände
nach dem Urteil positiv gestimmt. Es sei ein guter Tag für geprellte
Prämiensparer, kommentierte die Vorständin des
Verbraucherzentrale-Bundesverbands, Ramona Pop. "Der Bundesgerichtshof hat einen
Maßstab festgelegt, wie Sparkassen falsch berechnete Verträge neu berechnen
müssen." Nun müssten die Sparkassen tätig werden und Entschädigungen in die Wege
leiten.

Auch die Finanzaufsicht Bafin begrüßte das BGH-Urteil. "Die endgültigen
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sind eine wichtige Klarstellung für den
kollektiven Verbraucherschutz", sagte Bafin-Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch.
"Wir werden jetzt die Urteilsgründe auswerten und prüfen, ob wir als Aufsicht
weitere Maßnahmen ergreifen."

Bindend ist das Urteil im juristischen Sinn nur für die beiden beklagten
Sparkassen. Da es sich aber um Standardprodukte der Sparkassen handelt, könnten
die Festlegungen des Gerichts aus Sicht der Verbraucherzentrale inhaltlich auch
für Prämiensparverträge anderer Sparkassen gelten. Der Bundesgerichtshof ließ
offen, ob auch andere Referenzzinssätze für die Zinsanpassungen infrage
kämen./jml/DP/men
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
DEUTSCHE BANK AG NA O.N. 514000 Frankfurt 15,664 23.07.24 19:11:08 +0,050 +0,32% 15,644 15,690 15,558 15,614
COMMERZBANK AG CBK100 Frankfurt 15,560 23.07.24 19:10:32 ±0,000 ±0,00% 15,480 15,560 15,550 15,560

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