09.07.2024 12:10:36 - dpa-AFX: EM 2024: Brisantes Treffen mit Bellingham - Zwayer leitet Halbfinale

DORTMUND (dpa-AFX) - Das EM-Halbfinale zwischen den Niederlanden und England
ist noch gar nicht angepfiffen worden, da ist die Diskussion um den deutschen
Schiedsrichter Felix Zwayer längst entbrannt. Der 43-Jährige gilt als umstritten
- bei Fußballfans, bei seinem Ex-Kollegen Manuel Gräfe und nicht zuletzt bei
Englands Superstar Jude Bellingham. Dennoch wird Zwayer am Mittwoch (21.00
Uhr/ARD und MagentaTV) in Dortmund das Halbfinale leiten. Das entschied die
Europäische Fußball-Union UEFA.

Zwayer und Bellingham haben eine brisante Vorgeschichte. Noch im Trikot von
Borussia Dortmund hatte Bellingham nach dem Bundesliga-Spitzenspiel im Dezember
2021 gegen den FC Bayern München (2:3) den deutschen Referee scharf kritisiert
und ihm indirekt Bestechlichkeit vorgeworfen.

"Du gibst einem Schiedsrichter, der schon in Spielmanipulationen verwickelt
war, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?", sagte Bellingham nach
der Niederlage, bei der Zwayer mehrere Fehler unterlaufen waren. Der
mittlerweile bei Real Madrid unter Vertrag stehende Bellingham spielte damit auf
den Schiedsrichter-Skandal um Robert Hoyzer vor inzwischen fast 20 Jahren an.
Der Mittelfeldspieler wurde für seine Aussagen vom DFB-Sportgericht zu einer
Geldstrafe von 40.000 Euro verurteilt.

Hoyzer-Skandal wirkt bis heute nach

Zwayer gehörte 2005 zu den Kronzeugen im Fall Hoyzer, der Spiele manipuliert hatte. Hoyzer war vom Landgericht Berlin wegen Beihilfe zum Betrug zu einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten ohne Bewährung verurteilt
worden. Zwayer wurde damals vom DFB rückwirkend für mehrere Monate gesperrt,
weil er seinen Verdacht gegen Hoyzer nicht früher gemeldet hatte. "Wir wussten
ja gar nicht, was er macht. Es ist schwierig, etwas in der Hand zu haben, um
jemanden so anzuprangern", rechtfertigte er sein Verhalten im Nachhinein.
Mittlerweile gilt der Referee zumindest aus Verbandssicht als rehabilitiert.

Nach der Partie zwischen dem BVB und den Bayern legte der Immobilienkaufmann aufgrund massiver Anfeindungen eine mehrwöchige Pause als Schiedsrichter ein. Er
hatte damals von "sehr belastenden Geschehnissen und Momenten" für seine Familie
gesprochen und sogar von einer Morddrohung berichtet.

Vor dem EM-Halbfinale gegen die Niederlande sind auch englische Medien auf
die Vorgeschichten Zwayers aufmerksam geworden. Die Boulevardzeitung "The Sun"
bezeichnete die Ansetzung als "Alptraum". Bellinghams Mitspieler Luke Shaw
betonte jedoch, dass die Entscheidung keinen Einfluss auf die Einstellung der
englischen Mannschaft in dem Spiel haben werde. Man müsse die Ansetzung
respektieren, sagte er.

Gräfe wettert gegen Ansetzung: "Verantwortungslos"

Dass Zwayer für große Turniere und wichtige Spiele wie nun bei der EM
nominiert wird, ist für Ex-Kollege und TV-Experte Gräfe ein Unding. Es passe in
diese seltsame Zeit, in der Verbindungen wichtiger seien als Werte und
Leistungen, hatte Gräfe im sozialen Netzwerk X schon zu Beginn der EM
geschrieben. Zwayer sei bestenfalls Durchschnitt.

Und nach der Ansetzung für das Halbfinale legte der 50-Jährige noch einmal
nach. "Verantwortungslos allen gegenüber", die Entscheidung sei "Wahnsinn".
Gräfe ist seit seinem unfreiwilligen Karriereende wegen Erreichen der
Altersgrenze 2021 im Streit mit dem Deutschen Fußball-Bund und verklagt den
Verband wegen Altersdiskriminierung.

Für Zwayer ist das Halbfinale das vierte Spiel in diesem Turnier, das er
leiten darf. Bisher zeigte der gebürtige Berliner solide Vorstellungen. Einen
groben Fehler leistete er sich im Achtelfinale zwischen Rumänien und den
Niederlanden (0:3), als er dem Außenseiter beim Stand von 0:1 in der
Schlussphase einen Angriff abgepfiffen hatte, nachdem er auf eine Schwalbe des
niederländischen Spielers Denzel Dumfries reingefallen war. Sollte Zwayer solch
ein Schnitzer auch im Halbfinale passieren, würde die Diskussion um ihn sicher
noch lauter werden./cjo/DP/mis

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