09.07.2024 10:47:34 - dpa-AFX: POLITIK: UN-Beauftragte warnt vor Ausweitung des Konflikts im Ostkongo

NEW YORK/GOMA (dpa-AFX) - Die Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs für
die Demokratische Republik Kongo, Bintou Keita, warnt vor dem "sehr realen
Risiko" einer Ausweitung des Konflikts im Ostkongo. In ihrem Bericht an den
UN-Sicherheitsrat vom Montag weist sie auf zunehmenden Gebietsgewinne der Miliz
M23 in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu hin. Auch habe das Nachbarland
Ruanda seine Unterstützung der Miliz ausgeweitet.

In der anschließenden Debatte in dem wichtigsten UN-Gremium sprach die
amerikanische UN-Botschafterin von glaubwürdigen Berichten über mehr als 4.000
ruandische Soldaten, die sich auf dem Territorium des Nachbarlandes aufhielten
und an Angriffen beteiligt gewesen seien. Der rohstoffreiche Ostkongo und
insbesondere die Provinz Nord-Kivu sind seit 30 Jahren immer wieder Schauplatz
bewaffneter Konflikte. Ruanda widerspricht den wiederholten Vorwürfen,
militärisch in den Konflikt einzugreifen, und wirft dem Nachbarland umgekehrt
unzureichenden Schutz der Volksgruppe der Tutsi im Osten des Landes vor.

Sexuelle Gewalt gegen Kinder nimmt deutlich zu

"In der Demokratischen Republik Kongo werden wir Zeugen einer der
schlimmsten und völlig vernachlässigten humanitären Krisen", sagte Keita
angesichts der 6,9 Millionen Binnenflüchtlinge allein in Nord-Kivu. Die
geschlechtsbezogene Gewalt steige weiter an. Im vergangenen Jahr seien knapp
123.000 Fälle gemeldet worden, ein Anstieg um drei Prozent. Dies sei vermutlich
nur die "Spitze des Eisbergs", da viele Betroffene aus Scham schwiegen.
Alarmierend sei die deutlich zunehmende sexuelle Gewalt gegen Kinder, sagte
Keita.

Eine zweiwöchige humanitäre Feuerpause in Nord-Kivu, die am Wochenende in
Kraft getreten ist, scheint unterdessen nach kongolesischen Medienberichten
weitgehend zu halten. Sicherheitskreise berichteten allerdings, dass die
M23-Miliz ihre Stellungen verstärke, hieß es im Rundfunksender Radio Okapi.
Humanitäre Helfer hätten zudem vielfach keinen Zugang zu Vertriebenen.

Sonderbeauftragte warnt vor Sicherheits-Vakuum

Die UN-Mission Monusco soll die DR Kongo eigentlich zum Jahresende
verlassen. Vor dem Abzug der UN-Truppen müsse die Sicherheitslage vor Ort
berücksichtigt werden, um so einen "verantwortungsvollen" Rückzug zu
gewährleisten, betont das Außenministerium in Kinshasa.

Auch die UN-Sonderbeauftragte warnte vor einem Sicherheits-Vakuum in der
konfliktträchtigen Region.

Hinzu kommt, dass die kongolesische Armee angesichts der M23-Erfolge
zunehmend Probleme in den eigenen Reihen hat. In den vergangenen Wochen
verurteilten Militärgerichte mehr als 50 Soldaten wegen Desertation oder
"Feigheit vor dem Feind" zum Tode. Erst am Montag seien in Lubero in Nord-Kivu
22 Armeeangehörige zum Tode verurteilt worden, so die Zeitung
"Actualité"./czy/DP/mis

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