15.07.2024 18:28:40 - dpa-AFX: ROUNDUP 4: Paus will Ende des Ehegattensplittings - Lindner-Ressort kontert

(neu: weitere Aussagen Paus)

BERLIN (dpa-AFX) - Mit der geplanten Reform der Steuerklassen ebnet die
Bundesregierung aus Sicht von Familienministerin Lisa Paus den Weg zu einer
Abschaffung des Ehegattensplittings. "Der Abschied vom veralteten Instrument des
Ehegattensplittings ist überfällig", bekräftigte die Grünen-Politikerin in der
"Bild". "Es ist ein Instrument, das allein die klassische Ehe steuerlich
begünstigt. Und das, obwohl vielfältige Familienmodelle längst Teil unserer
Gesellschaftsrealität sind." Das FDP-geführte Finanzministerium wies Paus'
Aussagen umgehend zurück: Das Splittingverfahren bleibe erhalten.

Um das Ehegattensplitting gibt es seit Jahren immer wieder Diskussionen. Bei dem Verfahren wird das gemeinsame Einkommen eines Paares rechnerisch halbiert,
die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld
anschließend verdoppelt. Davon profitieren bei der Steuer vor allem Paare, bei
denen einer viel und der andere wenig verdient. Begründet wird dies mit dem
besonderen Schutz von Ehe und Familie.

Mit dem Entwurf eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024 hatte
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eine Reform bei den Steuerklassen
auf den Weg gebracht. In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP
vereinbart, dass statt der Steuerklassen 3 und 5 künftig das sogenannte
Faktorverfahren in Steuerklasse 4 genutzt werden soll. Damit werde die
Lohnsteuerbelastung gerechter auf die Eheleute, Lebenspartnerinnen und
Lebenspartner verteilt, heißt es im Gesetzentwurf.

Paus sagte, dies sei "gleichzeitig der Startpunkt in Richtung Abschaffung
des Ehegattensplittings." Im Finanzministerium sieht man das allerdings anders.
"Das Gegenteil der Einschätzung von Ministerin Paus ist der Fall", hieß es. "Es
gibt keinerlei Pläne oder auch nur politischen Willen zur Abschaffung.
Ministerin Paus spricht nicht für die Bundesregierung, sondern nur für die
Grünen."

Paus sagte der Deutschen Presse-Agentur, als Frauen- und Familienministerin
sei es ihre Aufgabe, auf negative Auswirkungen des Ehegattensplittings
hinzuweisen. "Es setzt falsche Erwerbsanreize für Frauen, führt zu einer hohen
Teilzeitbeschäftigung mit Folgen wie geringere Lohnersatzleistungen bei
Kurzarbeitergeld oder Erwerbslosigkeit und auch zu geringen Rentenansprüchen und
mehr Altersarmut bei Frauen." Eheleute, die heute vom Splitting profitierten,
dürften bei einer Abschaffung aber keine Nachteile haben. Dafür seien
Übergangsregelungen nötig.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai betonte, die Abschaffung des
Ehegattensplittings käme einer massiven Steuererhöhung gleich. "Das ist mit der
FDP nicht zu machen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die
finanzpolitische Sprecherin der Unionsfaktion im Bundestag, Antje Tillmann
(CDU), betonte, es bestehe objektiv überhaupt kein Sachzusammenhang zwischen
einer Reform der Steuerklassen und einer Abschaffung des Ehegattensplittings.
"Wir werden auch nicht zulassen, dass ein solcher Zusammenhang hergestellt
wird", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Die SPD-Familienpolitikerin Leni Breymaier zeigte dagegen Sympathie für die
Abschaffung des Ehegattensplittings. Dieses sei ein Relikt aus alter Zeit, sagte
sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Es "stärkt das Alleinverdienermodell und
Minijobmodell mit allen Nachteilen für die Ehefrauen - spätestens im Alter". Für
die SPD sei klar: "Wir wollen Familien mit Kindern stärken, nicht
Ehen."/bf/DP/nas

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