11.07.2024 13:12:36 - dpa-AFX: Börse Frankfurt-News: "Verpasste Gelegenheiten?" (Marktstimmung)

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Deutsche Aktien haben sich in Summe kaum
bewegt, dafür etliche Investorinnen und Investoren. Vor allem von der
Seitenlinie auf die Shortseite, was dem Markt nach Goldbergs Ansicht nützen
könnte.

11. Juli 2024. Zwar hat der DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung am
Ende gerade einmal ein Plus von 0,2 Prozent stichtagsbezogen produziert. Aber
vor allem die Bullen unter den von uns befragten Investoren haben vermutlich
trotzdem Grund zur Freude gehabt. Zumindest zeitweise. Auch wenn nicht gesichert
ist, wie sehr der zwischenzeitliche Anstieg des Börsenbarometers um rund 2,2
Prozent auch dem Ergebnis des zweiten Wahlgangs zur französischen
Nationalversammlung geschuldet gewesen sein könnte, gab es immerhin zwei
Versuche, sowohl vor als auch nach dem Wochenende, den DAX über das von uns
vermutete Angebotsniveau bei 18.550/600 Zählern zu hieven. Schließlich war aber
der ganze zwischenzeitliche Gewinn dahin geschmolzen, und die Börsianer befinden
sich, zumindest was das Kursniveau angeht, in einer ähnlichen Situation wie am
vergangenen Mittwoch.

Allerdings ist die Stimmung bei den von uns befragten institutionellen
Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont umgeschlagen. So hat unser Börse
Frankfurt Sentiment-Index 12 Punkte eingebüßt und befindet sich auf einem neuen
Stand von -9. Dabei hat sich das Bärenlager um 11 Prozentpunkte erhöht. Aber
nicht, weil etwa ehemalige Bullen in dem zuletzt stark polarisierten Panel - wie
eigentlich zu erwarten gewesen wäre - Gewinne mitgenommen hätten. Vielmehr
stammt dieser Zuwachs bei den Pessimisten zu rund 90 Prozent von vormals neutral
eingestellten Investoren; nur ein ganz geringer Prozentsatz speist sich also aus
ehemaligen Optimisten.

Mehr Gewinn erhofft

So gesehen kann man auch von einer verpassten Chance für die Optimisten
sprechen, die sich offenbar höhere Gewinne versprochen hatten. Übrigens: Unter
dem Strich ist die Gruppe der neutral eingestellten Akteure im Vergleich zum
Rekordstand von vor zwei Wochen (+48 Prozent) um mehr als die Hälfte
geschrumpft.

Wenig Veränderung hat es indes bei den Privatanlegern gegeben, deren Börse
Frankfurt Sentiment-Index sogar um 2 Punkte auf einen neuen Stand von +8
gestiegen ist. Dabei geht diese Veränderung in erster Linie auf diejenigen
Privatanleger zurück, die wir über Social Media befragen. Sie sind gegenüber der
Vorwoche bullisher geworden, obwohl es seit der vergangenen Sentiment-Erhebung
kaum günstigere Einstiegskurse gegeben hat. Bei den übrigen Privatanlegern haben
wir indes die Tendenz ausgemacht, dass sich ein Teil ehemals bullish
eingestellter Akteure vermutlich am oberen Ende der eingangs erwähnten
Handelsspanne direkt auf die Bärenseite geschlagen und also seine Position um
180 Grad gedreht hat.

Immer noch im Gleichgewicht

Mit der heutigen Befragung hat sich zwischen Privatanlegern und institutionellen
Investoren wieder eine Stimmungskluft aufgetan. Letztere zeigen sich nun
pessimistischer als bei unserer vergangenen Befragung, aber auf Sicht von drei
und sechs Monaten relativiert sich diese bearishe Einstellung. Bei dieser
Sichtweise muss man eher von einem fast neutralen Sentiment sprechen. Immerhin
hat sich die Lage für den DAX gegenüber der Vorwoche an der Unterseite etwas
verbessert, da wir vor allem von den jüngsten Bären erste Nachfrage
wahrscheinlich zwischen 17.980 und 18.030 DAX-Zählern erwarten. Dennoch dürfte
diese Nachfrage nicht ausreichen, um im Falle größerer Abgaben langfristig
orientierter Akteure (insbesondere aus dem Ausland) diesen lange standhalten zu
können.

Da andererseits die Optimisten jedoch bisher kaum Gewinne bei der
zurückliegenden Aufwärtsbewegung realisiert haben, stehen jene einem erneuten
Aufschwung vermutlich zwischen 18.600 und 18.650 Zählern zumindest zeitweise im
Wege. Am Ende scheint sich der DAX also immer noch im Gleichgewicht zu befinden,
das derzeit nicht durch die heimischen Investoren, wohl aber durch langfristige
Kapitalflüsse aufgelöst werden kann.

Von Joachim Goldberg

11. Juli, 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die
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