Marktinformationen

02.07.2024 11:36:48 - dpa-AFX: POLITIK: Rechte Regierung in den Niederlanden vom König vereidigt

DEN HAAG (dpa-AFX) - Mehr als sieben Monate nach dem Sieg des
radikal-rechten Populisten Geert Wilders bei der niederländischen Parlamentswahl
ist die am weitesten rechtsstehende Regierung in der Geschichte des Landes
vereidigt worden. In einer Zeremonie legten die Minister und Staatssekretäre
heute im Residenzschloss Huis ten Bosch bei Den Haag vor König Willem-Alexander
wahlweise den Eid ("so wahr mir Gott, der Allmächtige, helfe") oder ein
entsprechendes weltliches Gelöbnis ab.

Zu weiten Teilen wird die Vier-Parteien-Koalition von Wilders kontrolliert,
der allerdings nicht selbst Mitglied des Kabinetts ist. Seinen Amtsverzicht
hatten die neuen Bündnispartner der von Wilders geführten Partei für die
Freiheit (PVV) zur Bedingung für ihre Regierungsbeteiligung gemacht.
Ministerpräsident ist nun der parteilose frühere Chef des Geheimdienstes und der
Anti-Terrorismusbehörde, Dick Schoof. Sein Vorgänger, der langjährige
Regierungschef Mark Rutte, wird im Oktober Generalsekretär der Nato.

Kaum Regierungserfahrung

Wie der 67-jährige Schoof verfügen auch die meisten anderen
Kabinettsmitglieder kaum über Regierungserfahrung. Auch deshalb gilt das neue
Bündnis als potenziell instabil. Allein die rechts-liberale Volkspartei für
Freiheit und Demokratie (VVD) von Mark Rutte kann auf praktische Erfahrungen aus
einer langjährigen Regierungsbeteiligung in verschiedenen Koalitionen
zurückgreifen.

Neu in der Regierung vertreten sind neben der PVV die Mitte-Rechts-Partei
Nieuw Sociaal Contract (NSC, etwa: Neuer Gesellschaftsvertrag) und die
populistische Bauern-Bürger-Bewegung (BBB), die aus den massiven Bauernprotesten
der vergangenen Jahre hervorgegangen war.

VVD und NSC hatten einer Koalition mit Wilders nur widerstrebend zugestimmt. So musste er in den monatelangen Koalitionsverhandlungen nicht nur auf den
Posten des Regierungschefs verzichten, sondern auch seine radikalsten
rechtspopulistischen und islamfeindlichen Forderungen auf Eis legen - darunter
solche nach dem EU-Austritt der Niederlande ("Nexit") und nach dem Verbot des
Korans.

Rechtsruck mit Folgen für die EU?

Mit Argwohn wird bei der EU-Kommission in Brüssel - ebenso wie in Berlin,
Paris und anderen Hauptstädten - beobachtet, welche Folgen der starke Rechtsruck
in Den Haag für Europa haben wird. Bislang hatte das Land zu den stärksten
Stützen der EU gehört. Nun aber wird unter anderem befürchtet, dass die
Niederlande aus dem EU-Asylpakt ausscheren könnten, der neben Asylverfahren an
den Außengrenzen der Union eine gleichmäßigere Verteilung von Migranten auf die
Mitgliedstaaten vorsieht. Die neue Koalition will erklärtermaßen die strengste
Asylpolitik in ganz Europa betreiben und Zuwanderung drastisch einschränken.

Differenzen mit anderen EU-Mitgliedern zeichnen sich auch hinsichtlich der
Klimapolitik ab, insbesondere bei der Umsetzung des "Green Deal". Die BBB, die
auf die Unterstützung der Landwirte angewiesen ist, fordert erhebliche
Lockerungen bei den Umweltauflagen. Streit könnte es zudem über die Höhe des
niederländischen EU-Beitrags geben.

Pläne der Regierung nur grob skizziert

Welche Ziele die neue Regierung in Den Haag ganz konkret anstreben will,
wird sich allerdings erst in den kommenden Wochen zeigen. Bisher gibt es nur
eine Koalitionsvereinbarung, in der Pläne grob skizziert sind. Es könnten nach
Einschätzung von Kommentatoren noch erhebliche politische Unterschiede zutage
treten./pau/DP/men

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH