12.07.2024 16:53:24 - dpa-AFX: ROUNDUP 4/Nach EU-Untersuchung: Elon Musks X droht hohe Geldstrafe

(neu: Details.)

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Nach vorläufiger Einschätzung der EU-Kommission verstößt US-Unternehmer Elon Musk mit seiner Online-Plattform X gegen EU-Recht. Damit
droht der Firma eine hohe Strafzahlung, wie die Brüsseler Behörde mitteilt. Die
Gestaltung der Online-Plattform X kann Nutzer laut Kommission in die Irre
führen. Konkret wirft die Kommission X (früher Twitter) vor, dass die Art und
Weise der Verifizierung von Nutzerkonten dazu führen könne, dass andere Nutzer
der Plattform in die Irre geführt werden, weil jeder einen "verifizierten"
Account bekommen könne.

Damit veröffentlicht die EU-Kommission erstmals vorläufige
Untersuchungsergebnisse unter einem neuen EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA).
X kann nun auf die Vorwürfe reagieren. Durch Änderungen seines Vorgehens kann X
die Kommission etwa davon überzeugen, dass sich die Plattform an EU-Regeln hält.
Damit könnte der US-Konzern eine Strafe abwenden. Die Kommission betont, dass
ihre heute vorgestellten Ergebnisse noch nicht endgültig sind.

Häkchen heute für Abo-Kunden

Bei Twitter wurden die weiß-blauen Häkchen-Symbole zur Verifizierung früher
nach einer Prüfung durch das Unternehmen an Prominente, Politiker und Personen
des öffentlichen Lebens vergeben. Das ist auch die gängige Praxis bei anderen
Online-Diensten. Musk führte hingegen ein, dass alle Abo-Kunden Häkchen
bekommen, die so aussehen wie früher. Insbesondere unmittelbar nach der
Umstellung gab es mehrfach Ärger, weil falsche Accounts von Unternehmen und
Prominenten plötzlich echt wirkten.

Die Kommission teilte nun mit, es gebe Hinweise darauf, dass böswillige
Akteure solche vermeintlich verifizierten Konten auf X missbrauchten, um andere
Nutzer zu täuschen. Ein Kommissionsmitarbeiter sagte: "Wir sind der Meinung,
dass die blauen Häkchen die Nutzer zu der Annahme verleiten, dass die Konten
hinter diesen blauen Häkchen tatsächlich verifiziert sind." Um ein solches
Häkchen zu bekommen, brauche man lediglich eine Telefonnummer und ein Bankkonto,
betonte die Kommission.

Das Unternehmen war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Musk reagierte bei X patzig: "Woher wissen wir, dass Sie echt sind?", fragte er zu
einem Post von EU-Kommissar Thierry Breton.

Weitere Transparenzdefizite

Online-Plattformen müssen sich wegen des DSA seit einiger Zeit an deutlich
strengere Regeln halten. Dabei geht es unter anderem auch darum, dass es mehr
Transparenz im Bereich Werbung gibt und Forschenden Zugriff auf bestimmte Daten
gewährt wird. In beiden Punkten verstößt X laut vorläufiger Ansicht der
EU-Kommission gegen den DSA. Auch gegen andere große Online-Plattformen laufen
Untersuchungen auf Grundlage des DSA.

Konkret bemängelt die Kommission, dass Forschenden kein Zugriff auf
öffentliche Daten gewährt wird. Vor der Übernahme durch Elon Musk habe Twitter
sehr großzügig Daten bereitgestellt. Zudem geht die Kommission davon aus, dass
Werbeanzeigen in betrügerischer Absicht geschaltet würden. So habe man etwa
Betrugsversuche mit Werbung für Krypto-Währung festgestellt.

Hohe Strafe droht

Sollte sich die vorläufige Auffassung der Kommission bestätigen, kann die
Behörde eine Geldbuße von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes
verhängen. Gegen die Entscheidung könnte gerichtlich vorgegangen werden.

Zum aktuellen Umsatz von X sind nur Schätzungen bekannt. Seit Musk den
Vorgängerdienst Twitter im Oktober 2022 kaufte und von der Börse nahm, müssen
keine Zahlen mehr vorgelegt werden. Details zum Geschäft gelangen nur
bruchstückhaft ans Licht. So schrieb der Finanzdienst Bloomberg jüngst, im
ersten Halbjahr 2023 seien die Erlöse im Jahresvergleich um 40 Prozent auf 1,48
Milliarden Dollar gefallen.

X steht auch schon länger in der Kritik, nicht genug gegen
Falschinformationen und Hassrede auf der Plattform zu machen. Der DSA
verpflichtet Unternehmen auch dazu, strikt gegen illegale Inhalte wie zum
Beispiel Hassrede und Hetze im Netz vorzugehen. Musk hatte stets betont, die aus
seiner Sicht zu starken Einschränkungen der Meinungsfreiheit auf der Plattform
beseitigen zu wollen.

Weitere Untersuchungen

X wurde deswegen von der EU-Kommission bereits ein Fragenkatalog geschickt,
nachdem es zahlreiche Hinweise auf illegale und irreführende Beiträge zum
Angriff der islamistischen Hamas auf Israel auf der Plattform gab. Da die Fragen
offenbar nicht zur Zufriedenheit der EU-Kommission beantwortet wurden, wurde ein
Verfahren gegen X eröffnet.

Dieses läuft unabhängig von den heute vorgestellten vorläufigen Ergebnissen
weiter. Es habe etwa von nationalen Aufsichtsbehörden und Organisationen
zahlreiche Hinweise gegeben, heißt es aus Brüssel. Die Untersuchung werde ohne
unangemessene Verzögerung vorangetrieben. Ein konkreter Zeitplan dafür ist nicht
bekannt.

Die Kommission hat zudem die Möglichkeit eingerichtet, das etwa
Mitarbeitende von X online anonym Informationen zu den Vorwürfen einreichen
können./mjm/DP/men

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH