23.06.2024 19:27:32 - dpa-AFX: WDH/POLITIK: Moderater Kandidat im Iran übt Kritik an der Kopftuchpolitik

(Schreibweise korrigiert: Peseschkian)

TEHERAN (dpa-AFX) - Der moderate iranische Präsidentschaftskandidat Massud
Peseschkian hat im Wahlkampf mit Kritik an der Kopftuchpolitik für Stimmen
geworben. "Ich verspreche, dass ich diese Verhaltensweisen, die unseren Töchtern
und Schwestern auf den Straßen widerfahren, stoppen werde", sagte der frühere
Gesundheitsminister am Sonntag in Teheran vor Hunderten Anhängern. Zuletzt sind
die sogenannten Sittenwächter wieder verstärkt für die Einhaltung der
Kopftuchpflicht auf den Straßen vorgegangen.

"Den Lehrern und Studierenden, die ohne Grund von der Universität
ausgeschlossen wurden, verspreche ich, dass ich nicht zulassen werde, dass so
etwas noch einmal passiert", fügte er hinzu. Bei den von Frauen angeführten
Protesten im Herbst 2022 hatten die Universitäten kritische Stimmen bestraft und
etwa Studentinnen, die sich der Kopftuchpflicht widersetzten, exmatrikuliert. Er
warb für neues Vertrauen zwischen einer möglichen moderaten Regierung und der
Bevölkerung.

Der Wächterrat, ein islamisches Kontrollgremium, hat für die Wahl am 28.
Juni nur sechs Kandidaten zugelassen. Peseschkian ist der einzige moderate
Bewerber für das Präsidentschaftsamt. Unter den konservativen Kräften gelten
Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf und Said Dschalili, früherer
Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen, als aussichtsreichste Kandidaten.
Die Neuwahl folgt auf den Tod von Präsident Ebrahim Raisi, der am 19. Mai bei
einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam.

Viele Menschen im Iran sind angesichts politischer Repression, einer
Wirtschaftskrise und der gescheiterten Reformversuche in den vergangenen
Jahrzehnten desillusioniert. Sie haben den Glauben an große innenpolitische
Veränderungen verloren. Im Herbst 2022 entfachten sich nach dem Tod der jungen
Kurdin Jina Masa Amini landesweite Proteste gegen das islamische
Herrschaftssystem. Die Wahlbeteiligung bei der diesjährigen Parlamentswahl
erreichte ein Rekordtief von rund 40 Prozent./arb/DP/he

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