13.05.2024 13:45:31 - dpa-AFX: ROUNDUP: Gefahren durch Cyberangriffe wachsen 2023 weiter an

WIESBADEN (dpa-AFX) - Die Cyberkriminalität ist im zurückliegenden Jahr
erneut gestiegen. "Cybercrime zählt inzwischen zu den relevantesten
kriminalpolizeilichen Phänomenbereichen in Deutschland", sagte Innenministerin
Nancy Faeser bei der Vorstellung des "Bundeslagebildes Cybercrime 2023" am
Montag im Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden. Zwar sei die Anzahl
registrierter Inlandsstraftaten leicht um knapp zwei Prozent im Vergleich zum
Vorjahr gesunken. Die Summe der Straftaten, die aus dem Ausland oder von
unbekannten Orten aus verübt wurden, stieg laut BKA-Lagebild um fast 30 Prozent.

"Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass diese Zahlen aufgrund des enormen
Dunkelfeldes bei Cybercrime lediglich die Spitze des Eisberges zeigen",
bekräftigte die SPD-Politikerin. "Wir gehen davon aus, dass neun von zehn
Cybercrime-Straftaten überhaupt nicht zur Anzeige gebracht werden."

Erpresserische Datenverschlüsselung bedroht Unternehmen und Behörden

Zu den schwerwiegendsten Bedrohungen zählten nach wie vor
Ransomware-Angriffe, bei denen Kriminelle die Daten von Unternehmen oder auch
der öffentlichen Verwaltung verschlüsseln und ein Lösegeld für die
Entschlüsselung fordern. Bundesweit haben 2023 mehr als 800 Unternehmen und
Institutionen Ransomware-Fälle angezeigt, wie Faeser sagte. "2023 standen
öffentliche Verwaltungen und Einrichtungen wie Hochschulen und Krankenhäuser
zunehmend im Fokus von Überlastungsangriffen und Ransomware-Angriffen",
erläuterte sie. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe dazu geführt,
dass die Cybersicherheitslage besonders angespannt sei, ergänzte die
Innenministerin.

Der Digitalverband Bitkom hat nach eigenen Angaben innerhalb von zwei Jahren eine Verdopplung der Angriffe aus Russland gemessen. 80 Prozent der Unternehmen
seien von Attacken wie Datendiebstahl, Spionage oder Sabotage betroffen, sagte
Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder im ZDF-"Morgenmagazin". Bei 46 Prozent
konnten dem Verband zufolge die Angriffe auf Russland zurückverfolgt werden, bei
42 Prozent nach China.

Branchenverband sieht Schwachstellen etwa bei der Fortbildung

"Manchen geht es um Geld", sagte der Hauptgeschäftsführer. Andere wollten
möglichst großen Schaden verursachen, es gehe da um kritische Infrastruktur wie
die Energieversorgung oder Krankenhäuser. "Und es gibt immer noch einige,
insbesondere Privatpersonen, die wollen einfach ihren Spaß."

Der Schaden liege bei 148 Milliarden Euro pro Jahr allein durch
Cyberangriffe, also durch digitale Angriffe, sagte Rohleder. Vielfach stecke die
organisierte Kriminalität dahinter, aber auch ausländische Geheimdienste. Es
gebe überall Schwachstellen - das seien die Infrastruktur, die Institutionen und
Mitarbeiter. Es werde zu wenig investiert in die Schulung von Teams.

"Mir ist es wichtig, dass wir die Cyberabwehr weiter stärken und weitere
Instrumente schaffen, die es dem Bund erlauben, bei schweren Cyberangriffen
schnell zu handeln und diese vor allem erfolgreich abzuwehren", sagte Faeser.
Mit Blick unter anderem auf einen Cyberangriff gegen die SPD-Parteizentrale, den
die Bundesregierung dem russischen Militärgeheimdienst zuordnet, betonte sie:
"Wir werden uns vom russischen Regime keinesfalls einschüchtern lassen. Wir
werden weiterhin alles tun, um unsere Demokratie zu schützen vor solchen
russischen Cyberoperationen, und wir werden auch weiterhin die Ukraine massiv
unterstützen."

BKA-Chef: Kriminelle nutzen KI für Phishing-Texte

Auch 2023 hätten Cyberkriminelle bewährte illegale Methoden
weiterentwickelt, um in IT-Systeme einzudringen, sagte BKA-Chef Holger Münch.
"Phishing hat beispielsweise im vergangenen Jahr quantitativ und qualitativ eine
neue Dimension erreicht." Einerseits habe die Zahl registrierter
Phishing-Webseiten weiter zugenommen, andererseits steige die Bedeutung
Künstlicher Intelligenz. KI werde von Cyberkriminellen immer häufiger
eingesetzt, um für ihre Phishing-Kampagne Texte zu generieren, die dann kaum
noch sprachliche oder formale Fehler enthielten. "Und das macht es dann für die
Angegriffenen schwerer, entsprechende Phishing-Mails und Webseiten auch zu
erkennen", warnte Münch. Phishing-Mails sollen die Opfer zum Herunterladen oder
Anklicken von Schadsoftware verleiten. Dadurch wollen die Kriminellen an
digitale Identitäten wie Passwörter, E-Mail-Adressen oder Bankdaten
gelangen./löb/DP/stk

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