12.07.2024 06:50:03 - dpa-AFX: ROUNDUP: Einmal Venedig - künftig bis zu zehn Euro

VENEDIG (dpa-AFX) - Nach dem Ende des weltweit ersten Tests mit einer Gebühr
für Tagesbesucher will Venedig auch künftig Eintritt verlangen
- allerdings keine fünf Euro mehr, sondern bis zu doppelt so viel.
Der Versuch geht an diesem Wochenende nach insgesamt 29 Tagen zu Ende. Vom
nächsten Jahr an sollen dann bis zu zehn Euro bezahlt werden müssen, wenn es in
der Lagunenstadt an der italienischen Adria besonders voll wird.

Der für die Finanzen zuständige Stadtrat Michele Zuin kündigte in der
Lokalzeitung "Il Gazzettino" an, dass von 2025 an zu bestimmten Tagen ein
"Grundtarif" gelten soll. Zur genauen Höhe äußerte er sich noch nicht. An
"kritischen Tagen" soll jedoch sogar ein Höchsttarif von zehn Euro bezahlt
werden müssen. "Auf diese Weise hoffen wir, die Anreisenden zu entmutigen",
sagte der Kommunalpolitiker.

Mit einer offiziellen Bilanz nach den letzten beiden Test-Tagen am Samstag
und Sonntag will sich die Stadt noch Zeit lassen. Dazu sollen zunächst die
gesammelten Daten ausgewertet werden. Im Grundsatz steht das Vorgehen trotz
Kritik auch aus der Bevölkerung aber schon fest: Aus dem Test soll eine Regelung
von Bestand werden - nicht an allen Tagen des Jahres, aber in Zeiten großen
Betriebs.

Eintrittsgeld sorgte bislang kaum für Abschreckung

Alles in allem nahm Venedig mit der neuen Gebühr mehr als zwei Millionen
Euro ein. An manchen Tagen wurden mehr als 25.000 zahlende Gäste registriert.
Zuverlässige Schätzungen, wie vielen Touristen es gelang, sich vor den fünf Euro
zu drücken, gibt es nicht. Fest steht aber: Das eigentliche Ziel - den
Massentourismus zu begrenzen, unter dem Venedig leidet wie kaum eine andere
Stadt - wurde nicht erreicht.

Stadtkämmerer Zuin gab zu, dass es "keine großen Abschreckungseffekte"
gegeben habe. Das habe aber auch niemand erwartet. "Anders wird es sein, wenn
die Zehn-Euro-Höchstgrenze gilt, an Tagen, an denen eine für die Stadt kritische
Anwesenheitsschwelle erreicht wird." Tourismus-Stadtrat Simone Venutini meinte:
"Venedig ist immer noch zu billig. Es ist keine Tragödie, wenn die Touristen
mehr bezahlen."

Die Sprecherin der Bürgerinitiative Assemblea per la casa Venezia
(Versammlung des Hauses Venedig), Federica Toninello, hingegen sagte dem
Fernsehsender Rai zu den bisherigen Erfahrungen: "Das hat der Kommune Geld in
die Kasse gebracht, aber es hat nicht funktioniert."

"Die Behörden wollen doch auch gar nicht, dass es funktioniert"

Die US-Schriftstellerin Donna Leon, deren Venedig-Krimis zu Welterfolgen
wurden, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Die Behörden wollen doch auch gar
nicht, dass es funktioniert: Sie wollen den Tourismus nicht stoppen. Sie wollen
mit den Besuchern Geld machen." Leon hat ihr Domizil in Venedig längst
aufgegeben.

Die Regelung galt an insgesamt 29 Tagen. Grundsätzlich wurden in der Zeit
zwischen 8.30 Uhr und 16.00 Uhr fünf Euro Eintritt fällig. Dazu konnte man sich
übers Internet einen QR-Code besorgen und aufs Handy laden. Andernfalls drohten
bis zu 300 Euro Strafe - tatsächlich bezahlen musste aber niemand so viel.

Mit geschätzt etwa 15 Millionen Gästen pro Jahr gehört Venedig zu den
meistbesuchten Städten der Welt. Der Massentourismus bringt viel Geld in die
Kassen, richtet aber auch erhebliche Schäden an. Heute leben im Zentrum mit
seinen Hunderten Kanälen keine 50.000 festen Einwohner mehr. Dafür gibt es mehr
als 50.000 Gästebetten. An vielen Tagen ist in den engen Gassen rund um
Markusplatz und Rialtobrücke kaum noch ein Durchkommen.

Vergangenes Jahr war die Stadt kurz davor, von den Vereinten Nationen auf
eine Rote Liste des gefährdeten Weltkulturerbes gesetzt zu werden. Auch mithilfe
der Gebühr konnte dies verhindert werden. Dabei gab es eine ganze Reihe von
Ausnahmen: Einheimische, Hotelgäste und Kinder unter 14 Jahren beispielsweise
müssen bislang nichts bezahlen. Dabei soll es auch bleiben./cs/DP/stk

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