17.05.2024 19:20:15 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Was bringt der neue Atlas für den 'Krankenhaus-Dschungel'?

(neu: Zugriffszahlen, 3. Abs.)

BERLIN (dpa-AFX) - Wohin für ein neues Kniegelenk oder eine große
Krebsoperation? Bei der Entscheidung für ein Krankenhaus kann jetzt auch ein
neuer "Bundes-Klinik-Atlas" helfen. Das staatliche Vergleichsportal ging am
Freitag an den Start und soll über Leistungen und die Behandlungsqualität an
knapp 1700 Klinikstandorten in ganz Deutschland informieren. Gesundheitsminister
Karl Lauterbach (SPD) sprach von einem "übersichtlichen Wegweiser durch den
Krankenhaus-Dschungel", der auch neue regionale Vergleiche ermöglichen soll. Von
der Klinikbranche kam scharfe Kritik. Patientenvertreter begrüßten die
Zielsetzung, sehen aber auch noch Lücken.

Lauterbach sagte, verständliche Informationen über gute
Krankenhausversorgung seien nun für alle zugänglich und nicht mehr nur Privileg
weniger Experten. Dabei sei Transparenz bei jährlich gut 16 Millionen
Klinikbehandlungen und allein 500 000 neuen Krebspatienten pro Jahr dringend
nötig. Denn die meisten Patienten hätten keine gute Vorstellung davon, welche
Klinik für ihre Behandlung besonders geeignet ist. Und bei Behandlungen wie
Darmkrebs-OPs gebe es sehr große Unterschiede.

Im Vergleich zu bestehenden Info-Portalen sei beim Bundes-Atlas vor allem
die Art und Weise der Datenaufbereitung für die Patientinnen und Patienten
einzigartig, machte Lauterbach deutlich. "Mit wenigen Klicks können sie Kliniken
vergleichen und für die benötigte Behandlung in ihrer Nähe die beste Klinik
finden." So könne man zehn Kliniken direkt nebeneinander sehen und einschätzen,
statt "von Klinik zu Klinik hoppen" zu müssen. In den ersten drei Stunden gab es
laut Ministerium mehr als fünf Millionen Zugriffe, manche Seitenaufrufe hakten
auch kurz etwas. Wichtige Funktionen des Portals www.bundes-klinik-atlas.de im
Überblick:

Der Atlas: Sehen, anklicken und durchsuchen kann man eine Karte mit allen
Kliniken. Aufgeführt sind die Bettenzahl und die Zahl der jährlichen
Behandlungen, an der die Erfahrung deutlich wird. Angegeben werden Zertifikate
für Behandlungsgebiete und wie umfassend die Versorgung für Notfälle am Standort
ist. Ein ermittelter Wert zeigt die Pflegequalität an: Er ergibt sich aus der
Zahl der Patienten pro Pflegekraft mit Berücksichtigung der Schwere der Fälle.
Und je niedriger der Wert, desto besser.

Die Suche: Im Portal eingeben kann man zum Beispiel seinen Wohnort und eine
Krankheit oder eine ganz spezielle Behandlung, um die es geht. Dabei bietet das
System Suchvorschläge, wenn man den Fachbegriff nicht kennt. Man könne bei einer
Mumpserkrankung auch "Ziegenpeter" eingeben, sagte Lauterbach. Hinterlegt sind
laut Ministerium 28 000 Behandlungs- und 13 000 Krankheitsdefinitionen.

Die Vergleiche: Zur besseren Einordnung für die Patientinnen und Patienten
gibt es eine Art Tacho-Anzeige. Dabei gilt: Je "schneller" man sozusagen fährt,
also je weiter die Nadel nach rechts ausschlägt, desto besser. Vorerst sind zwei
Tachos zu sehen - für die Zahl der jährlichen Fälle einer Behandlung und für die
Ausstattung mit Pflegepersonal im Krankenhaus. Die Tachos haben fünf farbige
Elemente, auf die die Nadel zeigen kann - etwa von "sehr wenigen" bis "sehr
vielen" Fällen.

Die Erkenntnisse: Beim Vergleichen könne man sehen, dass es "riesige
Unterschiede auf kleinster Fläche" gebe, sagte Lauterbach. So gebe es in Berlin
und Umgebung 48 Krankenhäuser, die Darmkrebs-Operationen machten, aber nur 18
davon seien als Spezialzentren zertifiziert. Bei einer schweren Darmkrankheit
bei Kindern gebe es Kliniken, die OPs mehr als 70 Mal im Jahr machten, andere
aber nur vier. Dabei sei es nicht so, dass automatisch immer große Kliniken "die
Gewinner" seien. Es gebe auch kleine Kliniken, die sehr spezialisiert seien.

Die nächsten Stufen: In einigen Wochen soll das Portal ein erstes Update
bekommen und auch Komplikationsraten für Behandlungen angeben. Folgen sollen
dann auch Zahlen zur Ausstattung mit Fachärztinnen und Fachärzten. Generell
würden die Angaben regelmäßig aktualisiert, erklärte das Institut für Qualität
und Transparenz im Gesundheitswesen, das die Umsetzung koordiniert. Dabei sind
die Daten jeweils etwas "nachlaufend", aktuell stammen sie etwa bei den
Fallzahlen von 2022. Sie stammen unter anderem von Kliniken und
Krankenkassenabrechnungen.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft kritisierte das Bundesportal als
"politischen Aktionismus auf Kosten des Steuerzahlers". Es bringe Patienten
keinerlei zusätzliche Information und könne nicht als nützliche Ergänzung
fungieren. Den Krankenhäusern bringe es noch mehr Bürokratie. Die Klinikbranche
hatte kürzlich eine eigene Online-Übersicht ausgebaut. Auf dem seit 2002
bestehenden "Deutschen Krankenhaus Verzeichnis" sind nun unter anderem mehr
Suchfunktionen möglich.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, sicherlich wollten Menschen
über das Leistungsangebot und die Qualität Bescheid wissen. "Doch dem
Klinik-Atlas fehlen entscheidende Angaben", sagte Vorstand Eugen Brysch. "Die
Qualität der Patientensteuerung in der Klinik wird nicht erfasst." Nach wie vor
mangele es an verbindlichen Leitlinien und Bewertungsfaktoren. Der Sozialverband
Deutschland begrüßte den Atlas, der sich nun aber bewähren müsse. "Es wird sich
zeigen, wie groß der gebotene Mehrwert für die Patientinnen und Patienten
wirklich ist."/sam/DP/men
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
FRESENIUS SE+CO.KGAA O.N. 578560 Frankfurt 29,200 31.05.24 18:39:56 +0,170 +0,59% 0,000 0,000 29,060 29,200
RHOEN-KLINIKUM O.N. 704230 Frankfurt 12,500 31.05.24 08:03:25 ±0,000 ±0,00% 0,000 0,000 12,500 12,500

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