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02.07.2024 06:35:02 - dpa-AFX: ROUNDUP: Trump will offenbar Verurteilung in New York aufheben lassen

WASHINGTON (dpa-AFX) - Der frühere US-Präsident Donald Trump bemüht sich
Berichten zufolge nach der jüngsten Entscheidung des höchsten Gerichts zur
Immunitätsfrage um die Aufhebung seiner Verurteilung in New York. Nur wenige
Stunden nach dem Beschluss des Supreme Courts hätten die Anwälte des
Republikaners erste Schritte unternommen und sich mit einem Brief an den
zuständigen Richter in New York gewandt, berichteten der Sender CNN und die "New
York Times" unter Verweis auf nicht namentlich genannte Quellen.

Demnach sollen die Anwälte den Richter auch gebeten haben, die für den 11.
Juli angesetzte Strafmaßverkündung zu verschieben. Trumps Team beruft sich dabei
auf die jüngste Entscheidung des Obersten US-Gerichts, wonach US-Präsidenten
weitgehenden Schutz vor Strafverfolgung für offizielle Handlungen im Amt
genießen - ein "gefährlicher Präzedenzfall", wie US-Präsident Joe Biden nach dem
Richterspruch warnte.

Der Schritt von Trumps Anwälten war erwartbar und dürfte wohl aussichtslos
sein, könnte wegen der folgenden juristischen Schritte aber zumindest die
Verkündung des Strafmaßes hinauszögern.

Trump will Urteil des Supreme Court nutzen

Trump hatte am Montag einen bedeutsamen Erfolg vor dem höchsten US-Gericht
verbucht: Der Supreme Court urteilte, dass er zwar keine vollständige Immunität
für die Handlungen während seiner Zeit als Präsident genießt, aber der Schutz
vor Strafverfolgung sehr weitgehend ist.

Mit ihrer Entscheidung verzögern die Richterinnen und Richter den Beginn des Wahlbetrugsprozesses gegen den 78-Jährigen in der US-Hauptstadt Washington
weiter. Nun muss eine untere Instanz herausfinden, für welche Handlungen Trumps
Immunität gilt. Es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass der Prozess in
Washington noch vor der Präsidentenwahl im November beginnen wird.

In einem anderen Strafverfahren in New York wurde Trump vor wenigen Wochen
verurteilt. In dem Prozess um die Verschleierung von Schweigegeld-Zahlungen an
eine Pornodarstellerin wurde er von den Geschworenen in allen 34 Anklagepunkten
für schuldig befunden. Es war das erste Mal in der Geschichte der Vereinigten
Staaten, dass ein ehemaliger Präsident wegen einer Straftat verurteilt wurde.
Trump könnte im ärgsten Fall eine mehrjährige Haftstrafe drohen.

Juristische Streitigkeiten dürften noch lange andauern

Der New Yorker Fall ist anders gelagert als etwa das Wahlbetrugsverfahren in Washington, bei dem es um Trumps Versuche geht, das Ergebnis der Präsidentenwahl
2020 zu kippen. Damals hatte Trump gegen den Demokraten Biden verloren, wollte
seine Niederlage aber nicht akzeptieren. Diese Anklage betrifft seine Zeit als
Präsident im Amt.

Das Verfahren in New York drehte sich in erster Linie um Trumps Handlungen
als Präsidentschaftskandidat vor der Wahl 2016. Trump war mit der Argumentation,
dass der Fall seine Präsidentschaft betreffe, bereits in der Vergangenheit
gescheitert.

Allerdings könnten Trumps Anwälte argumentieren, dass die Anklage sich in
dem Fall auch auf Beweise gestützt hat, die aus Trumps Zeit im Weißen Haus
stammen. Denn der Supreme Court hat nun entschieden, dass Amtshandlungen von
US-Präsidenten nicht nur vor Strafverfolgung geschützt sind. Sie dürfen auch
nicht als Beweise in Strafverfahren angeführt werden. Spätestens in einem
Berufungsverfahren dürfte das Thema werden. Trump hatte bereits angekündigt,
nach der Strafmaßverkündung gegen das Urteil vorzugehen.

Biden zu Immunitätsurteil: "Gefährlicher Präzedenzfall"

US-Präsident Biden kritisierte das Immunitätsurteil des Supreme Court und
warnte vor schwerwiegenden Folgen. "Die heutige Entscheidung bedeutet mit
ziemlicher Sicherheit, dass es praktisch keine Grenzen für das Handeln eines
Präsidenten gibt", sagte der Demokrat bei einer kurzfristig anberaumten
Ansprache im Weißen Haus. Jeder Präsident, einschließlich Trump, werde nun die
Freiheit haben, das Gesetz zu ignorieren, warnte der 81-Jährige. Er will bei der
Präsidentenwahl im November gegen Trump antreten.

Der Supreme Court habe mit seiner Entscheidung ein "grundlegend neues
Prinzip" geschaffen: Die Macht des Präsidentenamtes werde künftig nicht mehr
durch Gesetze eingeschränkt, auch nicht durch das Oberste Gericht, warnte Biden.
"Die einzigen Grenzen werden vom Präsidenten selbst gesetzt." Die Menschen in
den USA hätten ein Recht darauf, vor den nahenden Präsidentenwahlen im November
eine Antwort der Gerichte zur Rolle Trumps beim Sturm auf das Kapitol am 6.
Januar 2021 zu erhalten. Diese Antwort werde es nach dem Urteil wohl aber nicht
mehr geben.

Biden, der sich nach einem desaströsen Auftritt bei der TV-Debatte in der
vergangenen Woche in einer kritischen Phase seines Wahlkampfs befindet, nutzte
die Gelegenheit und rief die Menschen zum Wählen auf. Fragen zu seiner
Kandidatur er nicht.

Liberale Richterinnen äußern fundamentale Bedenken

Das Urteil des Supreme Courts war mit sechs zu drei Stimmen ausgefallen. Die drei als liberal geltenden Richterinnen hatten sich nicht der
rechtskonservativen Mehrheit des Supreme Courts angeschlossen, die Trump durch
Personalentscheidungen während seiner Zeit als Präsident zementiert hatte. In
der von Richterin Sonia Sotomayor verfassten abweichenden Meinung äußerten die
Juristinnen ihre "Angst um unsere Demokratie".

Sotomayor skizzierte denkbare Situationen, in denen der Schutz des
Präsidenten vor Strafverfolgung künftig Anwendung finden könnte - als Beispiel
nannte sie einen von ihm in Auftrag gegeben Mordanschlag auf einen Rivalen,
einen Militärputsch des abgewählten Präsidenten oder den Nachweis von
Bestechlichkeit.

"Selbst, wenn diese Albtraumszenarien nie eintreten sollten, und ich bete,
dass sie es nie tun, ist der Schaden bereits angerichtet", schrieb Sotomayor.
"Bei jeder Ausübung seiner Amtsgewalt ist der Präsident jetzt ein König, der
über dem Gesetz steht." Die langfristigen Folgen der Entscheidung seien
erheblich. Das Gericht schaffe damit "effektiv eine rechtsfreie Zone um den
Präsidenten und rüttelt am Status quo, der seit der Gründung der Nation
existiert"./trö/DP/zb

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