29.04.2024 20:52:03 - dpa-AFX: POLITIK: Konfrontation in Georgien wegen Gesetzentwurfs verschärft sich
TIFLIS (dpa-AFX) - In Georgien im Südkaukasus vertieft sich der
innenpolitische Streit über ein geplantes Gesetz zur Kontrolle von Einflussnahme
aus dem Ausland. Am Montag brachte die Regierungspartei Georgischer Traum, die
das Gesetz vorantreibt, Zehntausende ihrer Anhänger im Zentrum von Tiflis
zusammen. Medienberichte sprachen von mehr als 100 000 Menschen, die mit Bussen
aus allen Teilen des Landes in die Hauptstadt gebracht worden waren.
Es war die Reaktion auf tagelange Massenproteste gegen das Gesetz, das nach
Auffassung seiner Gegner wie in Russland zur Kontrolle der Zivilgesellschaft
eingesetzt werden soll. Bei einer Demonstration am Sonntagabend war es zu
Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Der Rechtsausschuss des georgischen
Parlaments bereitete am Montag die zweite Lesung des umstrittenen Gesetzes vor.
14 Abgeordnete der Opposition wurden im Lauf der Sitzung ausgeschlossen.
Der Entwurf sieht vor, dass Nichtregierungsorganisationen ausländische
Geldquellen offenlegen müssen. Die Regierung will nach eigenen Angaben auf diese
Weise für mehr Transparenz sorgen und ausländische Einflussnahme stärker
kontrollieren. Viele Projekte zur Demokratieförderung in Georgien werden vom
Westen finanziert, darunter mit Geld aus der EU und den USA. Kritiker
befürchten, dass dieses Gesetz nach russischem Vorbild missbraucht werden soll,
um Geldflüsse zu stoppen und prowestliche Kräfte zu verfolgen.
Die frühere Sowjetrepublik Georgien orientiert sich nach Westen und ist
EU-Beitrittskandidat. Auch die Regierung von Georgischer Traum ist zwar für eine
Annäherung an die EU, verficht aber zugleich eine Anlehnung an Russland. Der
Milliardär Bidsina Iwanischwili, der starke Mann in der Partei, warf am Montag
dem Westen vor, Georgien wie die Ukraine als Kanonenfutter im Kampf gegen Moskau
zu missbrauchen.
Die EU und viele ihrer Mitgliedsstaaten haben das geplante Gesetz über
sogenannte Auslandsagenten scharf kritisiert. Die parteinahen politischen
Stiftungen von CDU, SPD, Grünen und FDP, die in Georgien aktiv sind, warnten vor
einer Verabschiedung. "Sollte das Gesetz verabschiedet werden, würde das die
Arbeit der georgischen Zivilgesellschaft und der unabhängigen Medien, die einen
enormen Beitrag zum Demokratisierungsprozess Georgiens geleistet haben,
erheblich einschränken", hieß es in einer Mitteilung vom Montag./cha/DP/he