01.07.2024 17:27:52 - dpa-AFX: POLITIK/Bundespolizei: Afghanische Proxypässe sind leicht erkennbar

BERLIN (dpa-AFX) - Angesichts der Ermittlungen zu möglicherweise zu Unrecht
erteilten Visa für Einreisen afghanischer Staatsangehöriger hat die
Bundespolizei darauf hingewiesen, dass ihre Dokumentenprüfer in den
Auslandsvertretungen nicht über eine Einreiseerlaubnis entscheiden. Die
Dokumenten- und Visumberater leisteten im Ausland Amtshilfe für das Auswärtige
Amt in Visaverfahren. Wenn sie dabei gefälschte oder verfälschte Pässe
feststellten, werde dies der Außenvertretung unmittelbar mitgeteilt und
aktenkundig gemacht, teilte eine Sprecherin des Bundespolizeipräsidiums am
Montag auf Anfrage mit.

Sie betonte jedoch: "Ob dem am Ende des Visumentscheidungsprozesses gefolgt
werde oder nicht, ist eine Entscheidung des Auswärtigen Amts, die den
Dokumenten- und Visumberatern im Übrigen nicht automatisch rückgekoppelt wird."
Zu den laufenden Ermittlungen äußere sich die Bundespolizei nicht.

Mehrere Ermittlungsverfahren in Berlin und Cottbus

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts hatte am Freitag gesagt, bei den
Staatsanwaltschaften in Berlin und Cottbus liefen drei Ermittlungsverfahren, in
denen es insgesamt um weniger als zwei Dutzend Fälle von Afghanen gehe, die über
Pakistan eingereist seien. Der "Focus" hatte zuvor berichtet, Beamte des
Auswärtigen Amts stünden im Verdacht, Mitarbeiter in deutschen Botschaften und
Konsulaten dienstlich angewiesen zu haben, Antragstellern mit unvollständigen
oder offensichtlich gefälschten Papieren die Einreise in die Bundesrepublik zu
genehmigen.

Der Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, in den Fällen aus zwei
Charterflügen mit Afghanen, um die es gehe, seien die Identitäten der Personen
vor dem Flug nach Deutschland zweifelsfrei festgestellt worden. Auch
Sicherheitsüberprüfungen seien erfolgreich durchgeführt worden. "Das Einzige,
was sozusagen aufgetaucht ist, ist, dass das Visum nicht in das dafür
vorgesehene Dokument geklebt wurde." In der Mehrzahl dieser Fälle habe es sich
um Menschen mit sogenannten Proxypässen gehandelt.

Diese in Afghanistan regulär ausgestellten Dokumente, die teils auch in
anderen europäischen Ländern anerkannt würden, sähen nahezu identisch aus wie
reguläre afghanische Pässe. Dabei sei es oft so sei, dass Dritte - wie die
Schwester oder der Bruder - den Pass abholten. Nach deutschem Verständnis müsse
ein Pass aber vom Inhaber selbst abgeholt werden. Da es nicht einfach sei,
Proxypässe zu erkennen, gebe es in den deutschen Visastellen - in diesem Fall im
pakistanischen Islamabad - speziell geschulte Dokumenten- und Visaberater,
ergänzte der Sprecher. Werde ein Proxypass erkannt, könne dem
Einreiseberechtigten ein Reiseausweis für Ausländer ausgestellt werden. Der
berechtige dann zur Einreise nach Deutschland.

Die Sprecherin der Bundespolizei in Potsdam widersprach seiner Darstellung.
Sie sagte: "In Islamabad identifiziert man solche Proxypässe zum Beispiel simpel
am aufgebrachten Stempel der ausstellenden Stelle, zum Beispiel "GK Bonn"
(Generalkonsulat Bonn)." Ein weiterer Hinweis sei, dass sich der Antragsteller
nie in Deutschland beziehungsweise im Land des Ausstellungsortes aufgehalten
habe.

Der Sprecher des Auswärtigen Amts hatte gesagt, geklärt werden müsse auch,
warum die in Islamabad mit der Begutachtung der Dokumente betrauten Beamten der
Bundespolizei die Proxypässe nicht erkannt hätten, deren Kollegen bei der
Einreise in Hannover aber schon.

Während die Bundespolizei in den Auslandsvertretungen nur Amtshilfe leistet, agiert sie bei den Grenzkontrollen in eigener Verantwortung. Die Sprecherin der
Bundespolizei sagte, wenn gefälschte oder verfälschte Pässe im Bundesgebiet bei
der Einreisekontrolle festgestellt würden, werde Anzeige erstattet./abc/DP/jha

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