15.05.2024 16:20:21 - dpa-AFX: Bewährungsstrafe für Anlagebetrug mit Atomausstieg

KREFELD (dpa-AFX) - Der Chef eines Unternehmens, das auf die Umnutzung von
Atomkraftwerken spezialisiert war, ist wegen besonders schweren gewerbsmäßigen
Betrugs zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden.

Mit dem Versprechen, abgeschaltete Atomkraftwerke für die Produktion von
Wasserstoff umrüsten zu können, hatte das Unternehmen bei über 100
Kapitalanlegern insgesamt drei Millionen Euro eingesammelt. Als Haupttäter wurde
der 62-jährige Geschäftsführer des Unternehmens und Kerntechniker am Mittwoch
verurteilt. Als Bewährungsauflage muss der Unternehmer aus dem bayrischen
Kirchheim 200 Sozialstunden ableisten.

Die Firma habe nicht geplant, einen regulären Geschäftsbetrieb aufzunehmen,
so die Staatsanwältin am Mittwoch. "Es war ein reines Schneeballsystem." Die
Verteidigerin des Firmenchefs führte dagegen an, dass "jede gute Idee Anlaufzeit
braucht und auch mal schiefgehen kann".

Ihrem Mandanten könne nur vorgeworfen werden, dass er die Anleger zu Beginn
des Jahres 2019 nicht rechtzeitig über die drohende Zahlungsunfähigkeit der
Krefelder Firma informiert, sondern bei ihnen bis zur Insolvenz zehn Monate
später weiter Geld eingesammelt habe. Das sah das Landgericht genauso und sprach
den Kerntechniker deshalb nur in 64 Fällen von Betrug schuldig. Für den Rest der
vorgeworfenen Taten wurde er freigesprochen.

Die Richter hielten dem 62-Jährigen zugute, dass er bis Ende 2018 an den
Erfolg der Geschäftsidee geglaubt habe. Außerdem habe er die Anleger auf das
Risiko eines möglichen Totalverlusts hingewiesen. Das Urteil ist nicht
rechtskräftig. Die Staatsanwältin ließ offen, ob sie Revision einlegt.

Sie hatte für den Hauptangeklagten drei Jahre und neun Monate Gefängnis
gefordert. Doch das Gericht kam der Strafforderung der Verteidigerin nach, die
sich für eine Bewährungsstrafe eingesetzt hatte. Der Geschäftsführer hatte erst
zum Ende des Prozesses die Vorwürfe teilweise eingeräumt.

Dabei, so die Staatsanwältin, habe er keinerlei Bedauern gezeigt und sich
auch nicht bei den geprellten Anlegern entschuldigt. "Besonders schäbig" sei es,
dass vorwiegend Rentner geprellt worden seien.

Den Anlegern wurde von Telefonverkäufern erzählt, dass die Nutzung eines
Patents des Unternehmens beim geplanten Rückbau der Meiler und deren Umnutzung
zur Wasserstoffproduktion Einsparungen bis zu 230 Millionen Euro ermögliche. Man
sei bereits mit den großen Energieversorgern und der Bundesregierung im
Gespräch.

Mitte März hatte der Strafprozess gegen drei 44- bis 67-jährige Männer aus
Krefeld und Kaarst sowie den 62-jährigen Hauptangeklagten aus dem bayrischen
Kirchheim bei Würzburg begonnen. Die Verfahren gegen die drei Mitangeklagten
waren bereits zuvor eingestellt worden. Zwei von ihnen müssen als Geldauflage
3000 beziehungsweise 4000 Euro zahlen. Der Dritte kam wegen geringer Schuld ohne
Auflage davon./hom/DP/men

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