WARSCHAU (dpa-AFX) - Gut sechs Wochen nach dem Regierungswechsel in Polen
muss der bisherige Chef des polnischen Mineralölkonzerns Orlen
gehen. Daniel Obajtek werde mit Wirkung zum 5. Februar von seiner Funktion
entbunden, teilte der Aufsichtsrat am Donnerstag in einer Börsennotiz mit. Der
48 Jahre alte Manager galt als politischer Zögling von Jaroslaw Kaczynski, der
als Chef der nationalkonservativen früheren Regierungspartei PiS bis vor Kurzem
sehr viel Einfluss in Polen hatte. Orlen betreibt in Deutschland die
Tankstellenkette "Star". Der polnische Konzern wird auch als Interessent
gehandelt für einen Einstieg bei der PCK Raffinerie in Schwedt.
Der nun geschasste Konzernchef Obajtek wurde im vergangenen Herbst auch über
Polen hinaus bekannt. Die damalige Opposition warf ihm vor, mit künstlich
niedrigen Benzinpreisen Wahlkampfhilfe für die PiS-Regierung zu leisten. Die
Dumping-Preise lösten an einigen Tankstellen zeitweise Benzinmangel aus. Die PiS
verlor die Parlamentswahl am 15. Oktober. Mittlerweile wird das Land von einer
Mitte-Links-Koalition unter Donald Tusk regiert. Zu den Vorwürfen der künstlich
gesenkten Benzinpreise ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Doch das ist nicht das Einzige: Die Ermittler befassen sich derzeit auch mit
der Frage, ob bei der Fusion von Orlen mit der Danziger Raffinerie Lotus alles
mit rechten Dingen zuging. Die Regierung von Tusk erwägt auch, einen
parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu der Fusion einzuberufen. Der
Verdacht lautet, dass Orlen unter Führung von Obajtek 30 Prozent der
Lotus-Antele zu einem zu niedrigen Preis an den saudi-arabischen Konzern Aramco
verkauft hat./dhe/DP/zb