16.05.2024 11:35:36 - dpa-AFX: ROUNDUP: Verkehrspolitiker zurückhaltend zu Forderung nach Pkw-Maut

BERLIN (dpa-AFX) - Verkehrspolitiker im Bundestag haben zurückhaltend bis
ablehnend auf einen Vorschlag der "Wirtschaftsweisen" über die Einführung einer
Pkw-Maut in Deutschland reagiert. "In der aktuellen wirtschaftlich angespannten
Lage wäre die Einführung einer Pkw-Maut eine zusätzliche Belastung und Zumutung
für die Bürgerinnen und Bürger", sagte Bernd Reuther, verkehrspolitischer
Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist
falsch, die Menschen in unserem Land für das Versagen der vergangenen Regierung
verantwortlich zu machen."

SPD-Fraktionsvize Detlef Müller sagte der dpa: "Die Anforderungen an unsere
Infrastruktur sind mit Blick auf den wachsenden Verkehr und den hohen
Sanierungsbedarf enorm. Deswegen müssen wir kluge Formen der Finanzierung
künftig intensiv diskutieren. Das schließt neben vielen Modellen auch eine
entfernungsabhängige Bemautung ein. Maßgabe für solche Ideen bleibt, dass diese
sozial ausgestaltet sind und Mobilität insgesamt nicht teurer wird als bisher."
Eine zweite Pkw-Maut nach CSU-Vorbild sei überhaupt keine Option und fatal
gescheitert. "Denkbar und sinnvoll könnte hingegen eine EU-weit abgestimmte
Lösung sein, das bleibt aber erst einmal Zukunftsmusik."

Thomas Bareiß, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
sagte der dpa, er halte nichts von einer Pkw-Maut-Diskussion. "Die Autofahrer
sind ohnehin schon finanziell mehr denn je belastet und werden durch die
rot-grüne Politik immer stärker geschröpft." Vor allem im ländlichen Raum seien
die Menschen auf das Auto angewiesen. "Die Autofahrer jetzt noch weiter mit
einer Pkw-Maut zu belasten, wäre in dieser Lage sicherlich der falsche Weg."

Greenpeace Verkehrsexpertin Marissa Reiserer dagegen sagte: "Klug
ausgestaltet kann eine Pkw-Maut die Modernisierung im Straßenverkehr
voranbringen. Mit einer Gewichtsstaffelung sollte sie schwere SUV stärker
belasten als sparsame Kleinwagen. Gestaffelt nach Verkehrsdichte der jeweiligen
Strecke kann sie Engpässe entlasten und gewichtet nach ÖPNV-Alternativen den
Umstieg auf Bus und Bahn fördern." Vor allem aber bringe eine Pkw-Maut das
bislang zu schwach ausgeprägte Verursacherprinzip in den Straßenverkehr: Wer
Straßen mehr und häufiger belaste, obwohl es Alternativen gebe, sollte stärker
an den Kosten beteiligt werden.

Die "Wirtschaftsweisen" hatten sich für die Einführung einer Pkw-Maut in
Deutschland ausgesprochen. In dem am Mittwoch vorgelegten Frühjahrsgutachten
heißt es, die Verkehrsinfrastruktur müsse modernisiert und ausgebaut werden.
"Dafür sind höhere Infrastrukturausgaben erforderlich, für die eine stärkere
Nutzerfinanzierung, beispielsweise eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut,
herangezogen werden sollte." Da schwere Fahrzeuge die Infrastruktur stärker
abnutzten als leichte Fahrzeuge, wäre eine Differenzierung nach Gewicht
sinnvoll.

2019 war die geplante Pkw-Maut in Deutschland - ein Prestigeprojekt der CSU
in der damaligen Bundesregierung - vom Europäischen Gerichtshof als rechtswidrig
gestoppt worden. Das Gericht erkannte eine Diskriminierung ausländischer
Fahrzeughalter, da nur Fahrer aus dem Inland für die Maut voll bei der
Kfz-Steuer entlastet werden sollten./hoe/DP/jha

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