17.05.2024 16:50:54 - dpa-AFX: POLITIK: Wohin fließt das Wasser? - Besorgte Stimmen zum Atommülllager Asse

REMLINGEN-SEMMENSTEDT (dpa-AFX) - Im maroden Atommülllager Asse in
Niedersachsen nimmt das seit langem einsickernde Salzwasser inzwischen neue,
unbekannte Wege - und lässt die Besorgnis von Politik und Experten wachsen. "Ich
bin besorgt. Das Atomdesaster in der Asse schreibt ein neues Kapitel", sagte der
niedersächsische Umweltminister Christian Meyer am Freitag auf Anfrage. Der
Betreiber muss nach den Worten des Grünen-Politikers schnellstmöglich Maßnahmen
ergreifen, um die unkontrollierte Ausbreitung von Salzlösung im Bergwerk zu
verhindern und die Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Asse nicht zu
gefährden.

Zuvor hatte der "Spiegel" am Freitag die unklare Situation an dem ehemaligen Bergwerk bei Remlingen im Landkreis Wolfenbüttel aufgegriffen. Schon im April
hatte die neue Chefin der Betreibergellschaft (BGE), Iris Graffunder, die
schwierige Lage in der "Braunschweiger Zeitung" beschrieben. "Es ist nicht
vollkommen planbar, wie sich der Berg entwickelt. Durch diese starke Veränderung
des Wasserzutritts sind wir alarmiert", sagte sie dem Blatt.

In der Schachtanlage liegen in 13 Kammern rund 126 000 Fässer mit schwach-
und mittelradioaktiven Abfällen. Weil Wasser eindringt, soll das Lager geräumt
werden, und die BGE ist für den gesetzlichen Auftrag zuständig, die Anlage
unverzüglich stillzulegen. Lange Zeit sickerten nach BGE-Angaben täglich etwa
zwölf Kubikmeter Wasser ein. Seit einigen Monaten nimmt die Menge an der
Hauptauffangstelle ab. "Das heißt, das Wasser bleibt irgendwo anders. Das
beunruhigt uns", sagte Graffunder der Zeitung.

Zeitversetzt zum Rückgang an der Hauptauffangstelle wird laut BGE ein
deutlicher Anstieg der Salzwassermenge weiter unten im Bergwerk festgestellt.
"Bislang wurden hier rund 0,8 Kubikmeter pro Tag aufgefangen. Aktuell ist die
Menge des gefassten Salzwassers bis auf knapp drei Kubikmeter pro Tag
gestiegen", teilte der Betreiber auf Anfrage mit. Ein BGE- Sprecher betonte,
auch auf der tieferen 725-Meter-Ebene handele es sich um Salzwasser, das die
Abfälle auf der 750-Meter-Ebene nicht erreicht und nicht kontaminiert habe.

Aktuell versuchen die Experten vor Ort, mögliche Schadstellen ausfindig zu
machen und zu reparieren. Zudem habe die BGE die komplette Sanierung der
Hauptauffangstelle auf der 658-Meter-Ebene beantragt. Die Verantwortlichen bei
der BGE sollen am 27. Mai im Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz des
Niedersächsischen Landtags in öffentlicher Sitzung Stellung nehmen und Fragen
der Abgeordneten beantworten, wie das Umweltministerium ankündigte./bch/DP/men

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