01.07.2024 17:29:12 - dpa-AFX: POLITIK: Entrüstung nach Freilassung von Chef der Schifa-Klinik

GAZA/TEL AVIV (dpa-AFX) - Nach mehr als siebenmonatiger Haft hat Israel den
Direktor des Schifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza, Mohammed Abu Salamija,
freigelassen. Die Entscheidung beruhe auf Empfehlungen des Inlandsgeheimdienstes
Schin Bet und der Militäraufklärung, berichteten israelische Medien unter
Berufung auf Sicherheitskreise. In Israels Öffentlichkeit löste sie einen Sturm
der Entrüstung aus, weil Salamija mit terroristischen Aktivitäten der
islamistischen Hamas in Zusammenhang gebracht wird.

Israelische Truppen hatten Salamija im November vergangenen Jahres
festgenommen, nachdem sie den weiträumigen Komplex des größten Krankenhauses im
Gazastreifen unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Teile des Krankenhauses soll
die Hamas nach israelischer Darstellung jahrelang als Rückzugsort und
Waffenlager genutzt haben. Nach der Eroberung des Komplexes stießen die Israelis
auf Bunker und Tunnels direkt unter der Klinik. Ein Bunker soll der Hamas als
Kommandozentrale gedient haben. Auch sollen israelische Geiseln zeitweise im
Schifa-Krankenhaus festgehalten worden sein.

Kritik an "hemmungsloser" Regierung

Salamija wurde am Montagmorgen in einer Gruppe von 50 palästinensischen
Gefangenen aus israelischen Haftzentren entlassen und in den Gazastreifen
gebracht. Israelische Politiker zeigten sich entrüstet. Oppositionschef Jair
Lapid sagte: "Das ist eine direkte Folge der Hemmungslosigkeit und
Funktionsunfähigkeit einer Regierung, die der Sicherheit der Bürger Israels
schadet." Benny Gantz, bis vor kurzem Mitglied des inzwischen aufgelösten
Kriegskabinetts, schrieb auf X: "Wer auch immer diese Entscheidung traf, muss
gefeuert werden." Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister
Joav Galant distanzierten sich von dem Vorgang, in den sie nicht eingebunden
gewesen seien. Netanjahu kündigte eine Untersuchung an.

Der aus der Haft entlassene Krankenhaus-Direktor erklärte nach seiner
Freilassung, dass palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen
physisch und psychisch misshandelt würden. Einige seien sogar an den Folgen von
Misshandlungen gestorben. Israel hat nach dem Überfall der Hamas und anderer
extremistischer Gruppen am 7. Oktober des Vorjahres auf den Süden Israels einen
Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen gestartet. Bei dem beispiellosen Massaker
hatten die Terroristen aus Gaza 1200 Menschen getötet und weitere 250 als
Geiseln in den abgeriegelten Küstenstreifen verschleppt. Nach Angaben der von
der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seit Kriegsbeginn mehr 37 000
Menschen im Gazastreifen getötet und mehr als 86 000 verletzt./edr/gm/DP/jha

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