10.07.2024 08:07:49 - dpa-AFX: Bahn will mit neuer Bauweise Fahrpläne stabiler machen

BERLIN (dpa-AFX) - Die Deutsche Bahn will die vielen Bauarbeiten auf dem
überlasteten Schienennetz künftig auf andere Art organisieren und bündeln - und
den Fahrplan damit verlässlicher machen. "Wir werden weiter auf diesem hohen
Niveau bauen, deshalb müssen wir jetzt fundamental anders an die Sache
rangehen", sagt der Chef der neuen Bahn-Infrastrukturtochter InfraGo, Philipp
Nagl. "Die größte Last für die Fahrgäste im Personenverkehr und die
Güterverkehrsunternehmen sind die immer wieder neuen Fahrpläne durch die endlose
Anzahl an oft auch kurzfristigen Kleinmaßnahmen." Das werde sich mit dem neuen
Prinzip ändern. "Wir vereinfachen den komplexen Fahren-Bauen-Prozess."

Wie bisher gebaut wird

Um den Verfall des an vielen Stellen überalterten Netzes ansatzweise zu
bremsen, sind in den vergangenen Jahren immer mehr Bauarbeiten notwendig
geworden. Diese bremsen den Personen- und Güterverkehr regelmäßig aus und führen
zu Zugausfällen und Verspätungen.

Die Baumaßnahmen werden dabei Nagl zufolge so, wie sie anfallen, bei der
InfaGo angemeldet. Diese stellt dann ein mögliches Zeitfenster bereit, woraufhin
der Fahrplan angepasst werden muss. Weil das bei kleineren Arbeiten häufig sehr
kurzfristig passiert, herrscht bei Fahrgästen schnell Ungewissheit und wenig
Verlässlichkeit.

Zudem werden nicht immer alle notwendigen Bauarbeiten in einem Rutsch
durchgeführt, sondern über Monate oder sogar Jahre verteilt. Das führt zu immer
neuen Einschränkungen auf der gleichen Strecke und zu Unverständnis und Frust
bei den Kundinnen und Kunden.

Das neue Konzept

Die Bahn will das Bauen deshalb künftig anders organisieren. Sowohl für
große Investitionsmaßnahmen als auch für kleine Instandhaltungsarbeiten sollen
regelmäßig wiederkehrende Zeitfenster, sogenannte Container, eingerichtet
werden. Die Bauarbeiten müssen dann gebündelt innerhalb dieser Zeitkorridore
durchgeführt werden.

Bei kleineren Wartungsarbeiten, wie der Überprüfung von Signalen oder
Weichen, könnten diese Zeitfenster etwa in einem mehrwöchigen Rhythmus erfolgen.
Für große Maßnahmen plant die Bahn längere, aber feste Zeiträume pro Jahr ein.

Der Vorteil: Die Bahn muss den Fahrplan nicht mehr aufgrund kurzfristiger
Baumaßnahmen immer wieder ändern. Wer bauen will, muss eines der feststehenden
Zeitfenster nutzen. Der Fahrplan kann frühzeitig um diese Korridore herum
aufgestellt werden. "Durch das neue Prinzip halbiert sich mittelfristig der
Fahrplan-Anpassungsbedarf, den wir im Jahresverlauf haben", betont Nagl.

Baufreiheit garantiert

Zudem müssen sich die einzelnen Gewerke künftig besser abstimmen und
Baumaßnahmen bündeln. Denn nachdem auf einem Abschnitt während eines der neuen
Zeitfenster gebaut worden ist, muss er für eine gewisse Zeit baufrei bleiben.

Bei großen Baumaßnahmen könne es durchaus fünf bis sieben Jahre dauern, bis
dort wieder gebaut werden dürfe, betont Nagl. "Je kürzer oder länger das
Baufenster, umso kürzer beziehungsweise länger die anschließende Baufreiheit."
Das soll dazu führen, dass alle notwendigen Arbeiten innerhalb einer einzigen
Sperrphase erledigt werden.

Das neue Modell soll bei kleineren Maßnahmen schon ab Mitte Juli umgesetzt
werden. Bei den großen Investitionen will der Konzern das Vorgehen bis
spätestens 2027 entsprechend umstellen.

Generalsanierung als Vorbild

Die Initialzündung für das neue Konzept seien die Pläne für die Riedbahn
gewesen, sagt der InfraGo-Chef. Die Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim ist
der erste von insgesamt 40 hochfrequentierten Bahnkorridoren, die in den
kommenden Jahren über mehrere Monate voll gesperrt und dann grundlegend saniert
werden sollen.

Auch hier müssen in der Zeit der Vollsperrung alle notwendigen Baumaßnahmen
abgearbeitet werden. "Wir haben gemerkt, wie viel Bündelung möglich ist", betont
Nagl. Start auf der Riedbahn ist an diesem Montag. Fünf Monate lang ist die
Strecke dann gesperrt. Hier wird sich zeigen, ob das neue Baukonzept der Bahn
wirklich funktioniert./maa/DP/tih

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