10.07.2024 15:55:14 - dpa-AFX: ROUNDUP: BGH stärkt Vermieter bei Kautionsabrechnung von Schäden

KARLSRUHE (dpa-AFX) - Immer wieder streiten Mieter und Vermieter nach Ende
des Mietverhältnisses über die Rückzahlung der Kaution. Der Bundesgerichtshof
(BGH) hat im Streit um die Abrechnung von Schäden über die Kaution nun die
Rechte der Vermieter gestärkt. Sie dürften eigentlich verjährte
Schadenersatzforderungen auch dann mit der Kaution ihrer Mieter verrechnen, wenn
sie ihre Ersetzungsbefugnis nicht innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist
ausgeübt haben, hielt der Karlsruher Senat in einem Urteil fest. Die
Ersetzungsbefugnis erlaubt es Vermietern, bei Beschädigungen ihrer Wohnung
Schadenersatz in Geld statt einer Wiederherstellung der beschädigten Sache
einzufordern.

In dem konkreten Fall hatte eine Mieterin geklagt, weil ihr Vermieter ihr
die Mietkaution in Höhe von rund 780 Euro nach ihrem Auszug nicht zurückgezahlt
hatte. Er begründete das damit, dass er die Kaution mit Schadenersatzforderungen
für Schäden an der Wohnung verrechne. Da die Ansprüche nach Ansicht der Mieterin
schon verjährt waren, klagte sie auf Rückzahlung der Kaution - und bekam in den
Vorinstanzen recht. Die dagegen gerichtete Revision des beklagten Vermieters
hatte nun aber Erfolg.

Der BGH hob das Urteil des Landgericht Nürnberg-Fürth auf und verwies die
Sache zur neuen Verhandlung an das Gericht zurück. Das Landgericht habe die
beiderseitigen Interessen der Parteien bei der Vereinbarung einer Barkaution
nicht hinreichend berücksichtigt. Die Kaution diene gerade der Sicherung der
Ansprüche des Vermieters, erläuterte der unter anderem für Mietrecht zuständige
achte Zivilsenat. "Dieser soll sich nach Beendigung des Mietverhältnisses auf
einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch
befriedigen können", so der BGH.

Gute Nachricht für die einen, schlechte für die anderen

Aus Sicht des Deutschen Mieterbunds ist das Urteil "keine gute Entscheidung
für Mieterinnen und Mieter, denn dieses Urteil verkennt ihr Interesse an
schneller Rechtssicherheit über ihr Mietkautionsguthaben", sagte Präsident Lukas
Siebenkotten. Mieter könnten nicht darauf vertrauen, dass sie ihr einstiger
Vermieter nicht auch mehr als ein halbes Jahr nach ihrem Auszug mit Forderungen
nach Schadenersatz konfrontiert.

Gerade die Frage nach potenziellen Ansprüchen bei Schäden an der Mietsache
seien oft strittig, so Siebenkotten. "Mieterinnen und Mietern bleibt nun im
Endeffekt nichts Anderes übrig, als ihren Anspruch auf Rückzahlung der Kaution
klageweise durchzusetzen, sollte der Vermietende Teile der Kaution wegen
angeblicher Schäden in der Wohnung unberechtigt einbehalten."

Der Eigentümerverband Haus und Grund begrüßt wiederum die Entscheidung des
BGH. Er habe gerade privaten Vermietern damit eine praxistaugliche Flexibilität
eingeräumt, teilte der Zentralverband Deutscher Haus-, Wohnungs- und
Grundeigentümer mit. Er appellierte aber zugleich an die Vermieter, schon bei
der Wohnungsübergabe alle sichtbaren Schäden zu dokumentieren und auf dieser
Basis zügig über die Kaution abzurechnen.

Ausnahme greift nur bei "Cash gegen Cash"

Grundsätzlich haben Vermieter nach Rückgabe einer Wohnung ein halbes Jahr
Zeit, um von ihren ehemaligen Mietern Schadenersatz für eine Beschädigung
einzufordern. Es gibt aber eine Ausnahme: Wenn der Anspruch vor Ablauf der sechs
Monate theoretisch hätte verrechnet werden können, dann ist die Verrechnung auch
später noch möglich. Bedingung dafür ist aber unter anderem, dass es sich um
zwei gleichartige Forderungen handelt - also bei der Barkaution "Cash gegen
Cash".

Die Frage nach der Gleichartigkeit der Forderungen spielte in dem
vorliegenden Fall deshalb eine zentrale Rolle, weil Vermieter bei Beschädigungen
an der Mietsache wählen dürfen, ob sie einen Geldersatz fordern oder dem Mieter
die Chance geben, den ursprünglichen Zustand der Wohnung selbst
wiederherzustellen. Letzteres wird in der Rechtswissenschaft auch
Naturalrestitution genannt.

Nach Ansicht des Landgerichts Nürnberg-Fürth hätte der Vermieter noch
während der sechsmonatigen Verjährungsfrist erklären müssen, dass er den
Schadenersatz als Geldersatz einfordert. Nur der Geldersatz sei schließlich mit
der Barkaution gleichartig. Der BGH entschied nun anders. Ob der Vermieter
innerhalb der Frist sein Wahlrecht auf Naturalrestitution oder Geldersatz
ausgeübt habe, dürfe demnach keine Rolle spielen./jml/DP/men

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