10.07.2024 10:24:57 - dpa-AFX: SPORT: Karabatic kommt ein letztes Mal 'nach Hause'

BERLIN (dpa-AFX) - Mit Ehefrau Geraldine und Sohn Alek spricht Frankreichs
Nationalheld Nikola Karabatic oft über seine Zeit in Deutschland. Die Jahre beim
THW Kiel mit vier Meistertiteln und drei Siegen im DHB-Pokal gehen dem bislang
erfolgreichsten Handballer der Geschichte einfach nicht aus dem Kopf. Mit der
Équipe Tricolore kehrt Karabatic nun ein letztes Mal in das Land zurück, in dem
er zum Welthandballer reifte. "Es ist bisschen wie nach Hause kommen", sagte der
40-Jährige vor dem Duell mit der DHB-Auswahl am Samstag.

Das Testspiel gegen Deutschland in Dortmund ist für Karabatic der Beginn
einer emotionalen Abschiedstour. Denn nach den Olympischen Spielen daheim ist
endgültig Schluss. "Ich habe keine Angst. Ich habe Lust auf diesen Tag nach
meiner Karriere, wenn es alles stoppt. Zu sehen, wie der Alltag ohne Wettkampf
ist", sagte Karabatic über sein neues Leben, das bestenfalls erst nach dem
Finale am 11. August beginnen soll. Als Europameister zählen die Franzosen zu
den Topfavoriten auf Olympia-Gold im eigenen Land.

Die Vitrine quillt über

Abschiedsschmerz verspürt Karabatic, der sich einst versprochen hatte, "der
beste Handballer der Welt" zu werden, nicht. "Es ist eine Befreiung, wenn man
weiß, dass danach Schluss ist. Denn als Profisportler denkt man immer an das
nächste Spiel, den nächsten Wettbewerb, man setzt sich selbst unter Druck",
berichtete der Rückraumspieler, der seine Vereinskarriere bei Paris
Saint-Germain schon im Mai beendet hatte.

Die Erfolgsgeschichte des 1,96 Meter großen Modellathleten liest sich wie
ein Handball-Märchen. In mehr als zwei Jahrzehnten brachte Karabatic dreimal
Olympia-Gold mit nach Hause, hinzu kommen je vier Titel bei Welt- und
Europameisterschaften. Zu den Erfolgen mit dem Nationalteam gesellten sich 21
Meistertitel und drei Champions-League-Triumphe. Der Trophäenschrank quillt
eigentlich über. Platz für ein viertes Olympia-Gold würde Karabatic aber
sicherlich noch finden.

Bayern, Super Bowl und "diese Wand"

Dass seine Karriere nun auf der größten Sportbühne der Welt im eigenen Land
endet, klingt fast schon kitschig. "Ich kann nicht sagen, dass ich davon
geträumt habe, Olympia zu Hause zu spielen. Weil das passiert vielleicht einmal
in 100 Jahren. Ich dachte immer: Scheiße, Olympia ist in Paris, wenn ich 40 bin
und ich verpasse es. Aber jetzt bin ich glücklich, dass ich mit 40 noch da bin",
sagte Karabatic ungläubig.

Wie sein "zweites Leben" nach dem Karriereende genau aussehen wird, das weiß der Handball-Oldie noch nicht. "Ich will erstmal einiges erleben", sagte
Karabatic und sprach von einem Spiel des FC Bayern München in der Allianz Arena,
"dieser Wand" bei Borussia Dortmund oder einem Besuch beim Super Bowl. "Ich will
einfach ein bisschen Freizeit haben und meine Freunde in ganz Europa besuchen",
kündigte der dreimalige Welthandballer an und stellte klar: "Ich will nicht
sofort Trainer, Manager oder Präsident werden."

Wolff verneigt sich

Karabatic' besten Handball-Jahre sind längst vorbei. Sein sportliches Erbe
ist riesig. Auch DHB-Torhüter Andreas Wolff hatte den pfeilschnellen Würfen des
wuchtigen Rückraumspielers oftmals nichts entgegenzusetzen. "Es ist schade, dass
der Handball den Größten seiner Geschichte verliert. Es gibt keinen, der den
Sport so geprägt hat wie er", adelte Wolff seinen sieben Jahre älteren
Kontrahenten und bescheinigte ihm Legendenstatus "Nach den Olympischen Spielen
werden wir alle den Hut ziehen und uns vor diesem außergewöhnlichen Spieler
verneigen."/jrz/DP/zb

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