04.07.2024 06:02:36 - dpa-AFX: POLITIK/Geleakte NSU-Akten: Hessische Justiz stellt Ermittlungen ein

WIESBADEN (dpa-AFX) - Die Justiz in Hessen geht nicht mehr der Frage nach,
wer dafür gesorgt hat, dass die Plattform "Frag den Staat" und das "ZDF Magazin
Royale" von Jan Böhmermann geheime NSU-Akten veröffentlichen konnten. Die
Ermittlungen wegen Geheimnisverrats wurden ergebnislos eingestellt, wie eine
aktuelle Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz durch "Frag den Staat"
ergab.

Bei den geleakten Dokumenten handelte es sich um Akten des hessischen
Verfassungsschutzes. Die Behörde hatte eigene Dokumente zum Rechtsextremismus
auf mögliche Bezüge zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) untersucht.

Geheim für 120 Jahre

Der Bericht aus dem Jahr 2014 war zunächst für 120 Jahre als geheim
eingestuft worden, später wurde die Zeit auf 30 Jahre verringert. Angehörige der
Opfer des NSU, zahlreiche Politikerinnen und Politiker sowie mehr als 130.000
Unterzeichner einer Petition hatten jedoch über Jahre gefordert, den Bericht
öffentlich zugänglich zu machen. Die vom Staat versprochene vollständige
Aufklärung zum NSU könne es nur geben, wenn der Verfassungsschutz seine
Untersuchung veröffentlicht, hieß es.

Der NSU hatte über Jahre hinweg unerkannt mordend durch Deutschland ziehen
können. Die Opfer der Rechtsterroristen waren acht türkischstämmige und ein
griechischstämmiger Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. Die Gruppe wurde
2011 durch eine Selbstenttarnung bekannt.

Woher "Frag den Staat" und das "ZDF Magazin Royale" die Papiere bekommen
haben, ist bislang nicht bekannt. Unmittelbar nach der Veröffentlichung der
NSU-Akten stellte der hessische Verfassungsschutz Strafanzeige beim
Landeskriminalamt in Wiesbaden. Als Grund gab die Behörde die "unrechtmäßige
Weitergabe von Verschlusssachen" an. Damit bestätigte sie auch indirekt die
Echtheit der veröffentlichten Akten. Die Staatsanwaltschaft teilte nun auf
Anfrage von "Frag den Staat" mit, das Ermittlungsverfahren sei im Juni 2023
eingestellt worden, nachdem keine tatverdächtige Person ermittelt werden
konnte./chd/DP/zb

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