04.07.2024 08:03:45 - dpa-AFX: ROUNDUP: Was macht einen guten Supermarkt aus? Das sagt der Rewe-Chef

KÖLN (dpa-AFX) - Rewe-Chef Lionel Souque ist vorsichtig optimistisch, was
die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland betrifft. Die Konsumstimmung
verbesserte sich seiner Ansicht nach zuletzt. "Seit die Inflation zurückgegangen
ist, kaufen die Leute wieder mehr Bio. Ich glaube, das liegt daran, dass sie
sich auch wieder hochpreisigere Artikel leisten", sagte er der Deutschen
Presse-Agentur. Im vergangenen Jahr, als die Teuerungsrate hoch war, hätten
darauf noch viele Menschen verzichtet. Im Gespräch mit der dpa äußerte sich
Souque zu weiteren aktuellen Themen. Ein Überblick:

Was macht einen guten Supermarkt aus?

"Die Basics müssen da sein, die Produkte müssen top frisch sein, es braucht
eine vielfältige Auswahl, der Service muss gut sein, die Preise müssen stimmen
und auch Sauberkeit ist wichtig", sagt Souque. Dazu brauche es möglichst wenig
Schlangen an der Kasse sowie freundliche und kompetente Mitarbeiter. "Das klingt
einfach. Aber das von Montag bis Samstag und von früh bis spät in allen Märkten
in Deutschland zu schaffen, ist schwieriger als man glaubt".

Wie entwickeln sich die Lebensmittelpreise?

Der Rewe-Chef erwartet nicht, dass die Preise für Nahrungsmittel insgesamt
weiter steigen. Bei einzelnen Produkten seien Preissteigerungen jedoch möglich.
"Man kann ja nicht jede Ernte planen. Dazu kommen Preisentwicklungen bei
Rohstoffen am Weltmarkt wie zu Beispiel Kakao und Orangensaft, da sind die
Rohstoffpreise in letzter Zeit stark gestiegen." Bei anderen Produkten seien die
Preise gesunken. Eine verlässliche Aussage, wie es sich insgesamt entwickele,
sei daher schwierig. Bei Rewe stiegen die Preise nach Angaben von Souque zuletzt
im Schnitt nicht mehr, sondern sanken eher.

Wie reagiert Rewe auf die Beliebtheit von Eigenmarken?

Verbraucher greifen beim Einkaufen seit einiger Zeit verstärkt zu den
günstigeren Eigenmarken des Handels. "Die Inflation hat dazu geführt, dass auch
viele neu damit angefangen haben. Sie haben gemerkt, dass Qualität und Preis gut
sind und bleiben den Produkten nun treu", sagt Souque. Rewe erweiterte sein
Eigenmarkenangebot. "Unsere Preiseinstiegsmarke "Ja" haben wir von 600 auf mehr
als 1.200 Artikel ausgebaut", sagt der Rewe-Chef. Ein durchschnittlicher
Rewe-Markt hat nach Angaben des Unternehmens rund 15.000 Artikel im Sortiment,
rund ein Drittel davon sind Eigenmarken. Deren Umsatzanteil sei zuletzt stärker
gewachsen als derjenige von den Herstellermarken, so Souque.

Die Markenartikel bleiben dennoch wichtig für die Supermarktkette, um sich
von den Discountern abzuheben. Der Rewe-Chef wünscht sich von den großen
Lebensmittelherstellern mehr Kreativität bei der Entwicklung. "Markenartikel
müssen einen Mehrwert haben. Die Leute sind nicht bereit, nur wegen der Marke
das Doppelte zu bezahlen. Sie erwarten, dass ein Produkt besser schmeckt,
gesünder ist oder etwas Neues geboten wird." Aus seiner Sicht fehlt es an
Innovationsgeist. Spannende neue Produkte kommen demnach häufiger von kleinen
Firmen oder Start-ups. "Ich erwarte mir schon, dass die großen Konzerne mit
ihren riesigen Innovationszentren ein paar interessante, neue Sachen auf den
Markt bringen. Darüber freuen sich die Kunden", so Souque.

Kaufen Menschen in Deutschland anders ein?

Souque ist in Frankreich geboren. Unterscheidet sich das Konsumverhalten
dort von dem hierzulande? "Die Menschen in Deutschland sind beim Einkaufen sehr
preissensibel, stärker als in anderen Ländern. Das liegt daran, dass der
deutsche Markt sehr geprägt ist vom Discount", sagt er. "Viele Menschen in
Deutschland haben kein Problem, für einen Espresso drei Euro zu bezahlen, aber
wenn der Käse 10 Cent teuer wird, wird es schwierig." Dem Rewe-Chef zufolge
veränderte sich in Deutschland in den vergangenen Jahren jedoch einiges. Immer
mehr Menschen interessierten sich für Kochen und gesunde Ernährung, für
Inhaltsstoffe und Tierwohl. Viele seien auch bereit, für Qualität und
Nachhaltigkeit mehr Geld auszugeben.

Wie geht's mit den SB-Kassen weiter?

In vielen Supermärkten sind sie heute schon zu finden, künftig will Rewe
noch stärker auf Selbstbedienungskassen setzen. "Bis Ende des Jahres wollen wir
die Zahl der Supermärkte, die damit ausgestattet sind, von knapp über 1.000 auf
1.800 erhöhen. Dann gibt es in knapp der Hälfte unserer Geschäfte SB-Kassen. In
den nächsten Jahren werden das sicher noch mehr werden", sagte Souque. Die
SB-Kassen liefen gut und würden von einem Viertel der Kunden genutzt.

Die sogenannten Self-Checkout-Systeme, mit denen Kunden ihre Artikel selbst
scannen, haben aus seiner Sicht vor allem einen Vorteil: "Die Kassen sparen
Zeit. Niemand hat Lust auf Warteschlangen im Supermarkt." Normale Kassen soll es
weiterhin geben, ihre Zahl werde aber reduziert. "Es geht uns dabei auch nicht
darum, Arbeitsplätze abzubauen, sondern unseren Mitarbeitenden mehr Zeit für das
Wesentliche zu geben: Kontakt zu Kunden und Regalpflege", so Souque.

Was plant Rewe mit seinem Lieferservice?

Rewe beliefert Haushalte in 90 Städten mit Lebensmitteln, die
Supermarktkette ist Marktführer in diesem Bereich. Wettbewerber wie Picnic
expandieren zurzeit stark und erhöhen den Druck auf das Unternehmen. Souque kann
sich vorstellen, den Lieferservice auszubauen, wenn das von den Kunden gewünscht
sei. Mit der Lieferung von Lebensmitteln Geld zu verdienen sei jedoch schwierig.
Die Mitarbeiter müssten dabei Dinge übernehmen, die sonst der Kunde erledigt,
wie die Auswahl der Produkte im Markt und den Transport.

"Für eine Lieferung hat man da schnell einen Personaleinsatz von über 30
Minuten. Die Verkaufspreise sind aber dieselben wie im Markt", sagt Souque. Die
Spanne sei bei Lebensmitteln in Deutschland ohnehin vergleichsweise sehr gering.
Das zeige sich auch insgesamt in einer niedrigen Umsatzrendite von ein bis drei
Prozent. Warum Rewe den Service trotzdem anbietet? Man wolle den Kunden die
Möglichkeiten geben, so einzukaufen, wie sie es gerade wollten. "Wir investieren
damit in Kundenbeziehung und Image", sagt Souque./cr/DP/stk

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