22.05.2024 06:30:05 - dpa-AFX: ROUNDUP: Bessere Bedingungen für Hausarztpraxen im Kabinett

BERLIN (dpa-AFX) - Die Vor-Ort-Versorgung für Patientinnen und Patienten
besonders in Hausarztpraxen soll stärker abgesichert werden. Darauf zielen
Gesetzespläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die das
Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg bringen soll. Unter anderem sollen
Obergrenzen bei der Vergütung wegfallen und Pauschalen eingeführt werden, um
Überlastungen zu vermeiden. Die besseren Arbeitsbedingungen sollen dazu
beitragen, das Netz der Hausarztpraxen mit Blick auf eine kommende
Ruhestandswelle zu erhalten. Einige Aspekte hat Lauterbach vorerst
ausgeklammert, sie sollen aber später noch auf den Tisch.

Hausärztinnen und Hausärzte seien in der Regel die ersten Ansprechpersonen
für Versicherte und Lotsen im Gesundheitssystem, heißt es im Entwurf. "Sie sind
in der Lage, einen überwiegenden Teil der medizinischen Beschwerden kompetent
und schnell zu behandeln." Zudem trügen sie dazu bei, die Inanspruchnahme
teurerer Strukturen wie der Notaufnahmen in Kliniken zu verringern. Der Bereich
solle daher "dauerhaft finanziell attraktiver" werden, um auch einem zunehmenden
Bedarf für den hausärztlichen Nachwuchs zu begegnen. Kernpunkte der Pläne im
Überblick:

Vergütung: Für Hausärzte sollen - wie schon bei Kinderärzten - sonst übliche Obergrenzen bei der Vergütung aufgehoben werden. Das bedeutet, dass sie
Mehrarbeit sicher bezahlt bekommen, auch wenn das Budget ausgeschöpft ist. Zu
Buche schlagen dürfte das mit einem "unteren dreistelligen Millionenbetrag" an
Mehrkosten bei den gesetzlichen Krankenkassen, wie das Ministerium schätzt.

Neue Pauschalen: Kommen soll auch eine jährliche "Versorgungspauschale" für
Praxen für die Behandlung chronisch Kranker, die ständig Medikamente nehmen. Das
soll Praxisbesuche etwa in jedem Quartal nur zum Rezepte holen vermeiden und
insgesamt mehr Freiräume schaffen. Eine neue "Vorhaltepauschale" sollen Praxen
bekommen, die bestimmte, noch festzulegende Kriterien erfüllen - etwa zu Haus-
und Pflegeheimbesuchen oder Öffnungszeiten auch abends und an Samstagen.

Die Ruhestandswelle: Zwar hatte sich bei Hausärztinnen und Hausärzten
zuletzt kein Rückgang mehr gezeigt. Ende vergangenen Jahres gab es laut
Bundesarztregister 51 389 und damit 75 mehr als Ende 2022. Zehn Jahre zuvor
waren es aber noch 52 262 gewesen. Und wenn mehr und mehr in Ruhestand gehen,
drohe vor allem im Westen Deutschlands ein Mangel, warnte die Kassenärztliche
Bundesvereinigung. Bei Hausärzten sei der Anteil der Über-60-Jährigen mit 37
Prozent besonders hoch.

Jugendliche: Verbessert werden sollen laut Entwurf auch psychotherapeutische Angebote für Kinder und Jugendliche. Dazu soll für Planungen des Bedarfs eine
neue eigene Arztgruppe gebildet werden. Dies ermögliche "eine zielgenauere
Steuerung der Niederlassungsmöglichkeiten" für entsprechende Praxen.

Transparenz: Für gesetzlich Kranken- und Pflegeversicherte soll ein
digitales Informations- und Vergleichsangebot geschaffen werden, wie es im
Entwurf heißt. Abrufbar sein sollen dort etwa Zahlen zu Genehmigungen,
Ablehnungen und Widersprüchen bestimmter Kassenleistungen - aber auch zur
Bearbeitungsdauer und zur Qualität von Beratungs- und Unterstützungsangeboten.

MVZ: Für Kommunen soll es einfacher werden, medizinische Versorgungszentren
(MVZ) zu gründen, in denen Ärztinnen und Ärzte unter einem Dach arbeiten - unter
anderem mit Erleichterungen bei der Höhe nötiger Sicherheitsleistungen.

In der Warteschleife: Um das Vorhaben in Gang zu setzen, hat Lauterbach
einige in der Koalition umstrittene Punkte herausgelöst. In den
parlamentarischen Beratungen sollen sie aber erneut aufgerufen werden. Dazu
gehören "Gesundheitskioske", also leicht zugängliche Beratungsstellen für
Behandlung und Prävention in Gegenden mit vielen sozial benachteiligten
Menschen. Stark machen will sich Lauterbach auch für ein Aus für homöopathische
Leistungen auf Kassenkosten. Dies seien Versorgungen, die nicht wirkten,
argumentierte er. Dafür sollten die Kassen auch nicht bezahlen./sam/DP/zb

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