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30.06.2024 15:03:08 - dpa-AFX: KORREKTUR/Frankreich wählt: Richtungsweisende Parlamentswahl angelaufen

(Im 6. Absatz, 4. Satz wurde die Zahl der in erster Runde 2022 vergebenen
Parlamentssitze korrigiert)

PARIS (dpa-AFX) - In Frankreich hat die erste Runde der richtungsweisenden
Parlamentsneuwahl begonnen. Bis Sonntagmittag gab bereits jeder vierte
Wahlberechtigte seine Stimme ab. Die Beteiligung um 12.00 Uhr lag bei 25,9
Prozent, wie das Innenministerium mitteilte. Das waren 7,47 Prozentpunkte mehr
als zum selben Zeitpunkt bei der vorangegangenen Parlamentswahl vor zwei Jahren.

Die rund 49,3 Millionen Wahlberechtigten können darüber abstimmen, ob auch
künftig das Mitte-Lager von Staatschef Emmanuel Macron die Mehrheit in der
Nationalversammlung haben wird und damit die Regierung stellt oder ein
Machtwechsel in Paris ansteht und Premierminister Gabriel Attal das Feld räumen
muss. Das rechtsnationale Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen malt
sich Chancen auf eine Mehrheit in der Parlamentskammer und den Posten des
Premierministers aus. Auch das neue Linksbündnis Nouveau Front Populaire strebt
einen Regierungswechsel an. Um Macrons Präsidentenamt geht es bei dem Votum
nicht.

Etliche Spitzenpolitiker gaben am Vormittag bereits ihre Stimme ab, darunter Macron, Le Pen, Attal und RN-Chef Jordan Bardella. Die letzten Wahllokale
schließen am Abend um 20.00 Uhr. Dann wird auch mit Hochrechnungen zum
Wahlausgang gerechnet.

Macron droht abermals eine Schlappe - Prognosen sehen RN vorn

Macron hatte die Nationalversammlung nach der klaren Schlappe seiner
Liberalen bei der Europawahl und dem haushohen Sieg des rechtsnationalen RN
aufgelöst und Neuwahlen der französischen Parlamentskammer in zwei Durchgängen
angekündigt. Die zweite und entscheidende Wahlrunde ist am 7. Juli.

Staatschef Macron hofft, bei dem Votum die relative Mehrheit seines
Mitte-Lagers in der Nationalversammlung auszubauen. Es gilt jedoch als
unwahrscheinlich, dass ihm das gelingt. Umfragen sahen klar das RN und dessen
Verbündete vorne. Sie könnten in der ersten Runde auf 36 bis 36,5 Prozent
kommen. Macrons Lager hingegen sahen die Umfragen abgeschlagen auf Platz drei,
mit nur 20 bis 20,5 Prozent. An zweiter Position könnte demnach das Bündnis
Nouveau Front Populaire mit 29 Prozent landen.

Stichwahlen am 7. Juli vielerorts entscheidend

Wie genau das Parlament nach der Wahl aussehen wird, ist dennoch ungewiss.
Die wenigsten der 577 Sitze werden im ersten Durchgang vergeben. Entscheidend
sind in vielen Wahlkreisen die Stichwahlen in der zweiten Runde. Während bei der
regulären Parlamentswahl vor zwei Jahren gerade einmal fünf Sitze in der ersten
Runde errungen wurden, könnten dem Umfrageinstitut Ipsos zufolge dieses Mal
bereits 80 bis 90 Sitze direkt gewonnen werden. Grund dafür wäre die erwartete
höhere Wahlbeteiligung und eine stärkere Konzentrierung auf die drei politischen
Bündnisse.

Auch wenn Aussagen über die zweite Runde schwierig sind, gehen Prognosen
davon aus, dass die Rechtsnationalen stärkste Kraft in der Nationalversammlung
werden könnten. Ob es auch für eine absolute Mehrheit reichen könnte, ist unklar
- auch, weil zwischen den beiden Wahlrunden oft lokal Bündnisse geschlossen
werden, die den Ausgang beeinflussen. Während die Linken stabil bleiben könnten,
dürfte Macrons Mitte-Lager Sitze verlieren.

Sieg der Rechtsnationalen hätte auch international Konsequenzen

Ein solcher Ausgang hätte schwerwiegende Folgen. Die Nationalversammlung ist eine von zwei französischen Parlamentskammern. Sie ist an der Gesetzgebung
beteiligt und kann per Misstrauensvotum die Regierung stürzen. Sollte ein
anderer Block als Macrons Mitte-Lager die absolute Mehrheit erlangen, wäre
Macron de facto gezwungen, einen Premier aus dessen Reihen zu ernennen. Es gäbe
dann eine sogenannte Kohabitation. Macrons Macht würde deutlich schrumpfen, der
Premier würde wichtiger.

Die Rechtsnationalen setzen explizit darauf, die Wahl zu gewinnen und
Regierungsverantwortung zu übernehmen. RN-Parteichef Jordan Bardella soll
Premierminister werden. In einem solchen Szenario hätte Macron Schwierigkeiten,
seine Linien international durchzusetzen. Auch in Brüssel und Berlin wird die
Wahl daher mit Spannung verfolgt./rbo/DP/nas

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